Brüssel:EU-Kommission will Druck auf Polen erhöhen

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Ein förmliches Verfahren wegen der Verletzung von Grundwerten soll dabei aber möglichst vermieden werden.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Das Verhältnis Polens zu den anderen EU-Staaten steht vor einer neuen Belastungsprobe. In der EU-Kommission werden Möglichkeiten geprüft, die Mitgliedstaaten im Streit über Eingriffe der nationalkonservativen Regierung ins polnische Justizsystem stärker in die Pflicht zu nehmen. Die Regierung in Warschau hatte eine Forderung der EU-Kommission abgelehnt, ein Gesetz zur Reform des Verfassungsgerichts zu ändern, das nach Brüsseler Einschätzung gegen die polnische Verfassung verstößt. Zum Ablauf einer Frist am 21. Februar hatte die polnische Seite sich jegliche Kritik verbeten und dem zuständigen Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, politische Motive unterstellt.

Man benötige noch Zeit, um die Antwort aus Warschau zu prüfen, hieß es aus der Kommission. Gesucht wird dabei nach Möglichkeiten, Druck auf Warschau auszuüben, ohne förmlich ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages einzuleiten, das wegen "schwerwiegender und anhaltender Verletzung" von Grundwerten der EU die Aussetzung von Mitgliedsrechten erlaubt. Dies würde aber mit Sicherheit an einem Veto mindestens Ungarns scheitern.

Timmermans könnte allerdings die maltesische EU-Ratspräsidentschaft bitten, eine Diskussion zu dem Thema auf die Agenda zu setzen. Zwar hätte das zunächst keine rechtlichen Folgen, es würde aber die polnische Darstellung konterkarieren, lediglich Opfer politisch motivierter Angriffe der EU-Kommission zu sein. Zuvor dürfte Timmermans aber sondieren, ob es hierfür ausreichende Unterstützung im Rat gibt. In der Vergangenheit hatte der Niederländer beklagt, die Mitgliedstaaten ließen die EU-Kommission in der Frage allein.

Unterstützung erhielt Timmermans am Mittwoch von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD). "Ich finde, er macht eine exzellente Arbeit, und deswegen unterstützen wir ihn auch", sagte Gabriel. Timmermans erfülle eine wichtige Aufgabe "bei der Beurteilung dessen, was an Rechtsstaatlichkeit in Polen geleistet oder auch verletzt wird".

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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