Brüssel:Angekommen

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Seine Karriere begann in der Kommunalpolitik: David McAllister war von 2010 bis 2013 für Ministerpräsident Niedersachsens. Seit 2014 ist er Abgeordneter im EU-Parlament. (Foto: Holger Hollemann/dpa)

Der frühere niedersächsische Ministerpräsident David McAllister wird Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament.

Von Daniel Brössler, Brüssel

David McAllister fängt vorsichtig an. Man sei, sagt er, sehr interessiert daran, etwas über die politische Entwicklung in Ägypten zu erfahren. Keine zwei Stunden zuvor ist der Niedersachse zum Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament gewählt worden, und schon können die Kollegen gucken, ob er etwas kann. Es ist Besuch da aus Kairo, den McAllister möglichst nicht verärgern sollte, denn Ägypten wird gebraucht. Flüchtlingskrise, Terror - nichts davon lässt sich ohne Ägypten lösen. Zu nett sein darf McAllister aber auch nicht. Wenn es um Demokratie und Menschenrechte geht, erwarten die Kollegen klare Kante. Man unterstütze Parlament und Regierung "sehr stark", sagt McAllister schließlich, wünsche sich aber auch "better governance", besseres Regieren. McAllister erwähnt auch das Demonstrationsgesetz. Am Ende gibt es keinen Anlass zur Klage. McAllister, bis vor vier Jahren Ministerpräsident in Hannover und mitunter beschrieben als "Kommunalpolitiker durch und durch", ist angekommen in der Europa- und Außenpolitik.

Er habe sich nach der Wahl ins Europäische Parlament 2014 sehr bewusst für das auswärtige Dossier und damit für ein völlig neues Betätigungsfeld entschieden, sagt der CDU-Politiker. Seine neue Karriere begann McAllister mit jener Portion Demut, die von Neulingen in Brüssel und Straßburg erwartet wird, auch wenn sie zuvor Regierungschef eines Bundeslandes gewesen sind, in dem mehr Bürger leben als in vielen EU-Staaten. McAllister übernahm als Berichterstatter die Zuständigkeit für den Beitrittskandidaten Serbien, widmete sich den Beziehungen zu den USA und dem Brexit, was sich für den Sohn eines Schotten freilich fast von selbst ergab. McAllisters Vater hatte bei den britischen Streitkräften in West-Berlin gearbeitet. Mit einem Interesse an Sicherheitspolitik sei er also, sagt McAllister, schon aufgewachsen.

Als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses tritt der 46-Jährige nun die eher schwierige Nachfolge eines EU-Schwergewichts an. Sein Vorgänger Elmar Brok war mit einer längeren Unterbrechung 13 Jahre Vorsitzender. Als Abgeordneter seit 1980 ist er der Dienstälteste im Parlament. Vermutlich niemand kann behaupten, besser vernetzt zu sein. Wenn irgendwo Krise war, hatte Brok in aller Regel die passende Telefonnummer. Häufig schlüpfte er durch schiere Präsenz in Vermittlerrollen. Broks Rezept war einfach: Er sprach immer mit so vielen Beteiligten, dass auch Außenminister sich dafür interessieren mussten, was er gehört hatte. Das war so in der Ukraine-Krise und zuletzt auch wieder nach dem Putschversuch in der Türkei. Als einfacher Abgeordneter dürfte er sich nun nicht zuletzt dem Brexit zuwenden.

Für McAllister wird der Ausschussvorsitz derweil womöglich eine Station auf dem Weg zu Höherem. Als CDU-Vorsitzende nimmt Bundeskanzlerin Angela Merkel erkennbar Anteil an McAllisters zweiter Karriere. So wurde er 2015 zum Vize-Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei gewählt, in der sich Europas Christdemokraten sammeln. Als Ausschussvorsitzender will McAllister sich nun für eine stärkere Rolle der EU in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik einsetzen. "Wir müssen das Potenzial des Lissabon-Vertrages endlich nutzen", sagt er. So brauche die EU ein zivil-militärisches Hauptquartier. "Es liegt an uns in Europa, Augenhöhe mit den USA, China und Russland herzustellen", fordert McAllister. Im Verhältnis zu den USA setzt er in Zeiten des Donald Trump auf den Kongress. Ein US-Präsident habe zwar große Macht, "aber er kann nicht unbegrenzt handeln".

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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