Britische Rechtspopulisten:Schlägerei in der Ukip-Partei

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Steven Woolfe soll die körperliche Auseinandersetzung selbst gesucht haben, die ihn ins Krankenhaus brachte. (Foto: Carl Court)
  • Steven Woolfe, EU-Parlamentarier der britischen Ukip-Partei, ist nach einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem anderen Ukip-Abgeordneten in einer Klink gelandet.
  • Die Schlägerei soll der Favorit für den Vorsitz der Partei selbst provoziert haben.
  • Ursache der Differenzen ist angeblich eine zeitweilige Überlegung Woolfes, zu den Konservativen überzulaufen.

Von Christian Zaschke, London

Die Spannungen in der UK Independence Party (Ukip) waren groß zuletzt, nun haben sie sich in Gewalt entladen. Der Europa-Abgeordnete Steven Woolfe wurde am Donnerstag in Straßburg ins Krankenhaus gebracht, nachdem er nach einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Kollegen zusammengebrochen war.

Zunächst wurde sein Zustand als ernst beschrieben. Später teilte er mit, es gehe ihm wieder besser, er habe lediglich ein Taubheitsgefühl in der linken Gesichtshälfte.

Die 22 Europa-Abgeordneten der Ukip hatten sich am Donnerstag getroffen, um darüber zu debattieren, wie es in der Partei weitergehen könnte, nachdem die neue Vorsitzende Diane James am Dienstagabend nach nur 18 Tagen im Amt zurückgetreten war. Laut Augenzeugen ging es bei dem Treffen hoch her.

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Er wolle sein Leben zurück - mit dieser Begründung war der Politiker nach dem Brexit-Referendum zurückgetreten. Jetzt will er die Partei wieder führen. Angeblich nur vorübergehend.

Schließlich kam es zu einer Schlägerei zwischen Woolfe und einem weiteren Abgeordneten. Angeblich soll Woolfe sich seines Jacketts entledigt und sein Gegenüber aufgefordert haben, die Angelegenheit "nach draußen" zu verlegen. Wer die zweite beteiligte Person ist, wurde zunächst nicht bekannt.

Entwarnung: Keine Hirnblutung

Woolfe soll dann geschlagen worden und gegen ein Fenster gefallen sein. Andere Quellen sagen, er sei mit dem Kopf auf ein Geländer geknallt. Zunächst habe er keine Beschwerden gehabt, er wollte zu einer Abstimmung in den Plenarsaal gehen. Auf dem Weg dorthin brach er zusammen. Kurz bevor er ohnmächtig wurde, soll er gesagt haben, dass er das Gefühl auf der linken Seite seines Körpers verliere.

Er wurde zunächst im Parlament behandelt und anschließend ins Krankenhaus gebracht. Dort werde er wegen Hirnblutungen behandelt, hieß es zunächst. Im Laufe des Nachmittags gab es Entwarnung: Offenbar hat es keine Blutung im Hirn gegeben.

Woolfe hatte am Mittwoch erklärt, dass er sich um den Parteivorsitz bewerben werde. Er hat die Unterstützung des Interimschefs Nigel Farage sowie des wichtigsten Parteispenders Arron Banks. Daher gilt er als klarer Favorit auf den Posten.

Woolfe wäre auch bei der vorangegangenen Abstimmung der Favorit gewesen, die nötig geworden war, weil Farage nach dem Brexit-Votum zurückgetreten war. Er hatte jedoch seine Bewerbung erst wenige Minuten nach Ende der Frist eingereicht und wurde von der Wahl ausgeschlossen.

Für Unruhe hatte gesorgt, dass Woolfe erwogen hatte, zu den Konservativen überzulaufen. Er hatte gesagt: "Ich war begeistert vom Beginn von Theresa Mays Amtszeit. Ich fragte mich, ob unsere Zukunft nicht in ihrer neuen Konservativen Partei liegt."

Woolfe zog den Kürzeren

Am Mittwoch sagte er dann, dass er nun doch glaube, es sei unerlässlich, dass die Ukip darüber wache, dass der Brexit vollzogen werde, und er sich deshalb um den Vorsitz bewerbe. Nun sieht es so aus, dass sein Gedanke an den Wechsel der Partei zumindest einen seiner Kollegen so erzürnt hat, dass die Debatte eskalierte.

In ersten Meldungen aus Straßburg war lediglich die Rede davon gewesen, dass Woolfe zusammengebrochen sei. Dann verbreitete Nigel Farage eine knappe Mitteilung, in der es hieß, es habe "eine Auseinandersetzung" gegeben. Allmählich verbreitete sich die Kunde, dass es sich bei dieser Auseinandersetzung um eine Schlägerei gehandelt hat. Woolfe habe die physische Auseinandersetzung gesucht und den Kürzeren gezogen, sagte ein Ukip-Mitglied.

Woolfes Gegenkandidat um den Parteivorsitz, Raheem Kassam, sagte einen geplanten Auftritt beim Sender BBC ab, aus Respekt vor seinem Kollegen, wie er mitteilte. Die zurückgetretene Chefin Diane James teilte mit, ihre Gedanken seien bei Woolfes Ehefrau und seiner Tochter, und sie wünsche ihm eine schnelle und vollständige Genesung.

© SZ vom 07.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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