Brexit:Treffen zwischen Johnson und Juncker ergebnislos

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Die EU-Kommission vermisst konkrete Vorschläge des britischen Premiers. Nun soll es täglich Gespräche zum Brexit geben.

Von Björn Finke, Brüssel

Großbritannien und die EU-Kommission wollen die Brexit-Verhandlungen intensivieren. Bei einem Arbeitsessen am Montag in Luxemburg einigten sich Premierminister Boris Johnson und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker darauf, dass sich die Unterhändler bald täglich treffen sollten. Bislang sieht der britische Verhandler David Frost seine Gegenüber in Brüssel nur zweimal pro Woche. Doch die Zeit drängt, denn Änderungen beim umstrittenen Austrittsvertrag müssten die europäischen Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel in vier Wochen zustimmen. Ende Oktober sollen die Briten nach bisheriger Planung die Europäische Union verlassen.

Ein Sprecher Johnsons bezeichnete das Treffen als "konstruktiv". EU-Chefunterhändler Michel Barnier und Brexit-Minister Stephen Barclay nahmen ebenfalls an dem Essen teil, bei dem Schnecken und Lachs serviert wurden. Johnson habe Juncker klargemacht, dass er keinen weiteren Brexit-Aufschub beantragen werde, hieß es. Die EU-Kommission teilte mit, sie stehe für Gespräche rund um die Uhr bereit. Die Briten hätten aber noch immer keine Vorschläge präsentiert, wie die in London ungeliebte Backstop-Klausel im Austrittsvertrag ersetzt werden könnte.

Brexit-Minister Barclay hatte vor dem Treffen gesagt, die Verhandlungen kämen voran, eine "Landezone" für einen Kompromiss sei in Sicht. Diese Einschätzung wird in Brüssel nicht geteilt: Ein EU-Diplomat sagte, er erkenne bislang keine Landezone. Ein hochrangiger EU-Beamter ergänzte, eine Einigung sei noch "sehr weit entfernt". Fortschritte habe es allerhöchstens in der Hinsicht gegeben, dass die Briten Ende vergangener Woche damit angefangen hätten, mit ihren Gesprächspartnern über konkrete Fragen diskutieren zu wollen. Doch die Zeit sei knapp, und die Positionen lägen deutlich auseinander.

Johnsons Besuch und die bald täglichen Treffen deuten allerdings darauf hin, dass sich die Regierung stärker um eine Einigung bemühen will. Denn der konservative Premier steht zu Hause unter Druck: Das Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das ihn zwingt, in Brüssel um eine Verschiebung des Brexit zu bitten, wenn er den Austrittsvertrag nicht abändern und dann durch das Unterhaus bekommen kann. Damit wollen die Abgeordneten verhindern, dass das Königreich Ende Oktober ohne gültigen Vertrag die EU verlässt. Solch ein ungeregelter Brexit würde der Wirtschaft massiv schaden.

Johnson möchte aber keinesfalls einen Aufschub beantragen. Um weitere Störmanöver auszuschließen, hat er das Parlament in eine fünfwöchige Zwangspause geschickt. Von diesem Dienstag an beschäftigt sich das oberste britische Gericht mit der Frage, ob dieses Manöver rechtens war. Proteste gegen Johnson gab es auch in Luxemburg: Der Premier traf dort nach dem Essen mit Juncker seinen Amtskollegen Xavier Bettel, sagte eine gemeinsame Pressekonferenz mit diesem jedoch ab. Als Begründung nannte der Brite den Lärm demonstrierender Brexit-Gegner auf der Straße.

© SZ vom 17.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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