Brexit:Kühl bleiben

Die EU muss Boris Johnson nun die Grenzen aufzeigen. Auch die deutsche Bundesregierung steht in der Pflicht.

Von Matthias Kolb

Gewissheit brachte ein Tweet: Um 12.05 Uhr Londoner Zeit teilte Brexit-Minister Michael Gove mit, dass Großbritannien die mit der EU vereinbarte Übergangsphase, in der das Vereinigte Königreich weiter dem EU-Binnenmarkt angehört, nicht verlängern werde. Die Bestätigung ist ebenso wenig überraschend wie Goves Begleitrhetorik, wonach die Briten vom 1. Januar 2021 an endlich wieder ihre "politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit" erhalten würden. So selbstbewusst waren die Briten zuletzt auch in den Gesprächen über ein Freihandelsabkommen aufgetreten.

Bei allem Brüsseler Frust über den Stillstand der Verhandlungen: Nun steht der Rahmen für die anstehenden Treffen. Am Montag werden EU-Kommissionschefin von der Leyen, EU-Parlamentspräsident Sassoli und EU-Ratspräsident Michel in einer Videokonferenz mit dem britischen Premier Johnson erfahren, wo dieser bereit ist, getroffene Versprechen einzuhalten und wo er noch härter auftreten wird. Fakt ist: Boris Johnson ist der Einzige, der den nötigen politischen Impuls geben kann.

Über Boris Johnsons Botschaft werden die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag beraten. Sie sollten die Lage kühl analysieren. An Forderungen festzuhalten, die London nicht erfüllen wird, kostet nur wertvolle Zeit. Die Geschlossenheit der EU-27 muss bleiben. Und Johnson muss spüren, dass er nicht die EU als Institution ignorieren und zugleich auf beste Beziehungen mit Einzelstaaten hoffen kann. Vor allem hier ist die Bundesregierung in der Pflicht.

© SZ vom 13.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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