Brexit:EU lässt May abblitzen

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In Brüssel, Berlin und Den Haag trifft die britische Premierministerin auf geballte Ablehnung: Keiner will das Austritts-Abkommen nachverhandeln. Allenfalls "Klarstellungen" seien möglich.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat Forderungen der britischen Regierung nach Nachverhandlungen über den Brexit-Vertrag abgelehnt. "Es gibt überhaupt keinen Raum für Neuverhandlungen", sagte er am Dienstag im Europäischen Parlament in Straßburg. Möglich seien lediglich "weitere Klarstellungen und weitere Interpretationen". Das vereinbarte Austrittsabkommen werde "aber nicht wieder aufgeschnürt", erklärte Juncker. Der vorliegende Vertrag sei "der beste und einzig mögliche Deal".

Nachdem die britische Premierministerin Theresa May am Montag eine geplante Parlamentsabstimmung über das Brexit-Abkommen angesichts einer drohenden Niederlage verschoben hatte, reiste sie am Dienstag zunächst zu Gesprächen nach Den Haag und Berlin. May warb bei ihren Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte um "zusätzliche Sicherheiten" im Vertragspaket, um eine Mehrheit im britischen Unterhaus davon überzeugen zu können, das Abkommen zu billigen. Die Abstimmung darüber soll bis spätestens 21. Januar stattfinden, teilte die britische Regierung mit. Merkel erklärte nach dem Treffen mit May: "Wir haben gesagt, dass es keine weitere Öffnung des Austrittsabkommens gibt."

Vor dem EU-Gipfel am Donnerstag drängte May auf eine rechtlich bindende Zusatzerklärung in der Irland-Frage. Dabei geht es um den umstrittenen Backstop, jene Auffanglösung, die in Kraft treten würde, sollten sich Brüssel und London nach dem Brexit nicht auf ein Freihandelsabkommen einigen. Demnach bliebe das ganze Vereinigte Königreich in einer Zollunion mit der EU verbunden und Nordirland de facto im Binnenmarkt. So sollen Grenzkontrollen auf der irischen Insel verhindert werden. Weil viele Abgeordnete im britischen Unterhaus fürchten, dies könnte zum Dauerzustand werden, forderte May von der EU, den Backstop mit einem Ablaufdatum zu versehen.

Die EU-Seite zeigte sich jedoch nur zu politischen, aber keinesfalls rechtlich bindenden Zugeständnissen bereit. EU-Diplomaten zufolge könnte eine Zusatzerklärung zum Austrittsabkommen etwa verdeutlichen, dass der Backstop nicht als dauerhafte Lösung gedacht sei. Außerdem könnte ein anvisiertes Datum für ein Freihandelsabkommen vermerkt werden. Juncker bezeichnete den Backstop als "das große Problem" für May. Die Auffanglösung sei aber die Grundlage für die gesamte Austrittsvereinbarung mit London und "notwendig für Irland". Die EU werde Dublin hier "niemals alleine lassen", erklärte Juncker, der May am Dienstagabend zu einem Gespräch in Brüssel empfing. Zuvor traf sich die Premierministerin mit EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Er teilte danach mit, dass die restlichen 27 EU-Staaten Großbritannien helfen wollten - "die Frage ist nur wie". May sagte am Dienstagabend, dass sie bei den Diskussionen mit den anderen Staats- und Regierungschefs erst am Anfang stehe. An diesem Mittwoch will sie den irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar treffen. Dieser hatte May aufgefordert, den Brexit auszusetzen.

© SZ vom 12.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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