Brexit:Bizarre Schuldzuweisung

Wie die britische Regierung vom eigenen Versagen ablenken will.

Von Björn Finke

Es hat die Zeit der Schuldzuweisungen begonnen - ein schlechtes Zeichen. Der britische Brexit-Minister Dominic Raab stellte am Donnerstag Ratgeber-Papiere für den Fall eines ungeordneten EU-Austritts vor. Ungeordnet bedeutet: eine Trennung ohne Austrittsabkommen. Die Verhandlungen zwischen London und Brüssel über so einen Vertrag sind zäh, und die Zeit bis zum Scheidungstermin am 29. März 2019 wird knapp.

Der Politiker nutzte seine Rede schon einmal, um klarzumachen, wen bei einem Scheitern der Gespräche die Schuld träfe: die EU, die einfach nicht pragmatisch genug sei. Nun ist es verständlich, dass der Konservative nicht der eigenen Regierung und sich selbst die Schuld geben will. Bizarr ist seine Interpretation trotzdem.

Schließlich ist nicht Brüssel dafür verantwortlich, dass seine Chefin Theresa May kostbare Zeit vertrödelt hat. Die Premierministerin legte erst im Juli, zwei Jahre nach dem EU-Referendum, eine Vision für die Wirtschaftsbeziehungen vor, die halbwegs realistisch ist und Chancen hat, von der EU akzeptiert zu werden. Diesen Schritt hatte May hinausgezögert, weil sie die Konfrontation mit Anhängern eines harten, unverwässerten Brexit fürchtete. Jetzt bleibt nicht mehr viel Zeit, um Brüssel und die Gegner im eigenen Land zu überzeugen. Eine gefährliche Situation, und schuld daran ist May.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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