Bremens Finanzsenatorin Linnert:"Auf Schleswig-Holstein liegt unsere Hoffnung"

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Karoline Linnert, grüne Finanzsenatorin in Bremen, hofft auf Peter Harry Carstensen, um die Steuersenkungspläne im Bundesrat doch noch zu verhindern.

Th. Denkler

Karoline Linnert ist seit 2007 Finanzsenatorin in rot-grünen Senat von Bremen. Sie leitet bundesweit als einzige Grüne ein Finanzministerium.

Auf ihn hofft die grüne Finanzsenatorin aus Bremen, Karoline Linnert: der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen. (Foto: Foto: Reuters)

sueddeutsche.de: Frau Linnert, Bremen ist wie alle anderen SPD-geführten Länder gegen das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung. Gönnen Sie den Familien und Hoteliers das Geld nicht?

Karoline Linnert: Das ist kein Wachstums-, sondern ein Schuldenbeschleunigungsgesetz, das wir uns nicht leisten können. Bremen nicht und der Bund auch nicht. Es wird keinerlei Effekte für mehr Wachstum haben. Das Gesetz ist eine teure Mogelpackung.

sueddeutsche.de: Sie glauben also nicht an die Selbstfinanzierungseffekte, von denen die FDP ausgeht?

Linnert: Wer aus Bremen kommt, weiß, dass es ein volkswirtschaftlicher Irrweg ist, zu glauben, Steuersenkungen würden in der Höhe vergleichbare Steuereinnahmen zur Folge haben. So etwas gab es auch noch nie in der Vergangenheit. Es gibt auch keinen ernstzunehmenden Volkswirtschaftler, der das als realistisch bezeichnen würde. Das Argument ist nur eine Ausrede dafür, Schulden zu machen, weil das viel leichter ist, als das Geld zusammenzuhalten.

sueddeutsche.de: Die Regierung will den Mittelstand stärken, wo die Grünen einen Großteil ihrer Wähler verorten können. Was spricht dagegen?

Linnert: Der Weg ist sozial nicht gerecht. Die Kindergelderhöhung kommt bei Hartz-IV-Empfängern nicht an. Dafür aber profitieren vor allem Gut- und Spitzenverdiener von den höheren Kinderfreibeträgen. Während wir darum kämpfen müssen, wie wir den Ausbau der Kindertagesbetreuung bezahlen, macht der Bund Steuergeschenke auf unsere Kosten. Das hat nichts mit Gönnen zu tun. Das ist schlicht falsche Politik.

sueddeutsche.de: Was bedeutet das Gesetz für Bremen konkret?

Linnert: Wenn wir nur dieses Gesetz alleine nehmen, haben wir pro Jahr 38,5 Millionen Euro weniger in der Kasse. Das sind 770 Lehrerstellen und rund 6000 Kita-Plätze. Dazu kommen noch die Steuerausfälle durch die Konjunkturkrise und die gegen die Stimme von Bremen schon beschlossenen Steuersenkungen. Das summiert sich in 2010 alles auf weit über 300 Millionen Euro. Das können wir einfach nicht leisten.

sueddeutsche.de: Machen Sie es wie der Bund: mehr Schulden.

Linnert: Ab 2011 ist der Weg für eine weitere Kreditaufnahme verstellt. Wenn ich dann mehr Kindergartenplätze haben will, muss ich das Geld an anderer Stelle einsparen, zum Beispiel bei Lehrern oder Polizei. Es gibt dann keinen anderen Ausweg mehr. Das ist im Prinzip auch richtig. Aber dann darf uns der Bund nicht ständig neue Lasten aufdrücken. Bremen macht sich gerade auf einen sehr harten Sanierungsweg. Wir werden das aber nur hinkriegen, wenn der Bund uns nicht permanent Knüppel zwischen die Beine schmeißt.

sueddeutsche.de: Und wenn Kanzlerin Angela Merkel ein paar Euro springen lässt?

Linnert: Ich kann mir kein Szenario vorstellen, dass uns zustimmen lässt. Auch nicht bei weitgehender Kompensation der Verluste. Das Gesetz ist ideologischer Blödsinn.

sueddeutsche.de: Das einzige Land, das noch etwas bewirken kann, ist Schleswig-Holstein. Ohne das Land würde der schwarz-gelben Bundesregierung im Bundesrat die notwendige Mehrheit fehlen. CDU-Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen protestiert offen gegen das Gesetz. Wird er standhalten oder sich rauskaufen lassen?

Linnert: Er hat versprochen, sich nicht rauskaufen zu lassen und ich hoffe sehr, dass er standhaft bleibt. Auf Schleswig-Holstein liegt eine große Verantwortung und die Hoffnung vor allem der armen Länder. Wir wünschen Herrn Carstensen da viel Erfolg.

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