Brasilien:Dilma Rousseffs Sturz ist ein trauriges Spektakel

Dilma Rousseff spricht nach dem Senatsvotum zum Impeachment vor ihren Anhängern. (Foto: Getty Images)

Das brasilianische Parlament hat das Recht, die Präsidentin abzusetzen. Aber nicht so.

Kommentar von Sebastian Schoepp

Brasilien ist wie die USA eine Präsidialdemokratie, in der es, anders als in Deutschland, kein konstruktives Misstrauensvotum gibt. Das Parlament hat also keine andere Möglichkeit, ein Staatsoberhaupt zu stürzen, als über das Amtsenthebungsverfahren, das in Brasilien nach US-Vorbild impeachment genannt wird. Dass der Kongress in Brasília dieses Mittel angewandt hat angesichts einer Regierung, welcher der größte Teil der Bürger und der Parlamentarier nicht mehr vertraut, ist demokratisch legitim.

Nicht legitim ist jedoch die Begründung, mit der Dilma Rousseff suspendiert wurde. Es geht nicht um Unfähigkeit oder Korruption; vielmehr bastelten sich ihre Gegner einen Vorwand zurecht, der gemessen an den Korruptionsvorwürfen, denen viele von ihnen selbst ausgesetzt sind, läppisch wirkt. Fragwürdige Verschiebungen im Haushalt rechtfertigen kaum den Sturz eines Staatsoberhaupts.

Bei der nächsten Wahl hätte Rousseffs linke Arbeiterpartei ohnehin die Quittung erhalten. Doch so lange wollte die konservativ-oligarchische Opposition nicht warten, aus gutem Grund: Auch in ihren Reihen ist niemand in Sicht, der das Vertrauen der Wähler Brasiliens erringen könnte, am wenigsten Vize Michel Temer, der nun statt Rousseff die Olympischen Spiele eröffnen wird. Für ein Land, das sich mal anschickte, die Führung im Kreis der Schwellenländer zu übernehmen, ist das ein ziemlich trauriges Spektakel.

© SZ vom 13.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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