Brasilien:Kaltes Kalkül

Jair Bolsonaro will zurück zur Normalität - egal, was es kostet.

Von Christoph Gurk

Unerbittlich steigt die Kurve der weltweit mit dem Covid-19-Virus infizierten Menschen. Selbst die größten Corona-Zweifler unter den Staats- und Regierungschefs haben angesichts dieser Katastrophe ihren Kurs geändert, Notfallprogramme gestartet und Quarantänen verhängt. Nur einer ignoriert die Gefahr weiterhin: Weg mit allen Beschränkungen, fordert Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, zurück zur Normalität - koste es, was es wolle.

Das alles ist kein Irrsinn, sondern menschenverachtendes Kalkül. Bolsonaro weiß um das Risiko, welches das Virus für Leib und Leben bedeutet. Für seine Macht und seinen Verbleib im Amt aber stellt nicht Covid-19 die größte Gefahr dar, sondern die Wirtschaftskrise, die Brasilien nach der Gesundheitskrise unweigerlich heimsuchen wird. Die meisten Toten werden bis zur nächsten Wahl wieder vergessen sein, außer von den trauernden Angehörigen. An die Worte ihres Präsidenten aber werden sich die Brasilianer noch lange erinnern, dafür wird Bolsonaro sorgen.

Die Menschen sollten wieder arbeiten, tat Bolsonaro am Sonntag bei einem Spaziergang durch die Hauptstadt kund. Sterben, sagte der Präsident, müssten wir schließlich alle irgendwann. Damit hat er durchaus recht, die entscheidende Frage ist jedoch nicht ob, sondern woran und wie schnell.

© SZ vom 31.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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