Brasilien:Heilsfigur

Die Linke in Brasilien braucht neue Ideen, nicht nur die Freilassung des Ex-Präsidenten Lula.

Von Christoph Gurk

Einen Tag nach seiner Freilassung hielt Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva schon wieder seine erste offizielle Rede. Tausende Fans waren gekommen, um ihn zu feiern, und von den Wänden wehten Banner mit seinem Konterfei. Die Freude über die Haftentlassung ist verständlich. Gibt die Opposition aber nicht acht, könnte die Rückkehr von Lula zu einem Problem werden.

580 Tage saß da Silva im Knast, verurteilt in einem Korruptionsprozess, der mehr als fadenscheinig war. Er diente wohl vor allem dazu, den Weg frei zu machen für den rechtsextremen Jair Bolsonaro, was auch gelang. Aus der Haft kam Lula nun aber nicht, weil ein Gericht ihn für unschuldig erklärt hat. Er ist nicht freigesprochen, nur auf freiem Fuß, bis die nächsten Richter über seinen Fall entscheiden.

Wenn Brasiliens Linke nun Lula zu ihrer Heilsfigur verklärt, macht sie sich angreifbar. Bolsonaro und die Ultrarechten werden diese Schwäche nutzen. Sie werden noch mehr Hass säen, Gräben vertiefen und Angst schüren. Und wenn Lula fällt, verschwindet die Opposition wieder in der Versenkung. Dabei ginge es auch anders. Nicht ein Mann müsste die Linke vereinen, sondern gemeinsame Ideen. Sie kann man nicht in den Knast stecken, so sehr sich das die aktuelle Regierung auch wünschen würde.

© SZ vom 11.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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