Brasilien:Durchtrieben

Bolsonaro verfolgt mit seinem Putschgerede einen üblen Plan.

Von Christoph Gurk

Man darf sich nicht täuschen lassen von Jair Bolsonaro. Am Sonntag zum Beispiel trat Brasiliens Präsident vermeintlich spontan bei einer antidemokratischen Demonstration auf. Die Teilnehmer forderten ein Ende aller Isolationsmaßnahmen und eine Intervention des Militärs, was den gewählten Präsidenten der größten Demokratie Lateinamerikas aber nicht weiter störte. Von der Ladefläche eines Pick-up-Trucks versicherte er der Menge seine Unterstützung und sagte, die Zeit der Gauner sei nun vorbei - ohne aber zu spezifizieren, wer damit eigentlich gemeint ist.

All das wirkt erratisch, impulsiv und improvisiert. Tatsächlich aber ist auch der Auftritt am Sonntag Teil eines durchdachten Theaters: Brasilien wird nun über die Gefahr eines Militärputsches diskutieren. Diese Spekulationen lösen das Schauspiel von vergangener Woche ab, als Bolsonaro den Gesundheitsminister feuerte; dem vorausgegangen war die vom Präsidenten angezettelte Diskussion über das umstrittene Medikament Chloroquin. Und eine Sache geriet über all dem fast in Vergessenheit: Das Versagen der Regierung im Kampf gegen das Coronavirus selbst.

So gesehen ist Bolsonaro ein großartiger Dramaturg, nur ist das Drama real und könnte Tausende Tote bedeuten. Bolsonaro ist das offenbar egal, solange er an der Macht bleibt.

© SZ vom 21.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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