Brasilien:Der Fall Lula  ist zurück in der Diskussion

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Eine Enthüllungsplattform will Belege haben, dass der Richter den Prozess gegen den Ex-Präsidenten manipuliert hat.

Von Benedikt Peters, München

Seit 14 Monaten sitzt Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva in einer 15 Quadratmeter großen Gefängniszelle in Curitiba im Süden des Landes, von der Bildfläche verschwunden aber ist er nie. Er gibt immer wieder Interviews, in denen er gegen den rechten Präsidenten Jair Bolsonaro wettert und seine eigene Unschuld beteuert. Angesichts von Korruptionsvorwürfen war Lula vergangenes Jahr zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden, kürzlich wurde die Strafe auf neun Jahre reduziert. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Ex-Präsident in seiner Amtszeit einen Baukonzern bevorteilte und im Gegenzug ein Luxus-Apartment erhielt.

Lula, 73 Jahre alt, Lichtgestalt der lateinamerikanischen Linken, bezeichnet das Gerichtsverfahren gegen ihn als politisch motiviert. Er verweist darauf, dass es bis heute keinen Beleg dafür gibt, dass das besagte Luxus-Apartment ihm gehört. Hinzu kommt, dass erst die Verurteilung den Weg für Bolsonaro ins Präsidentenamt frei gemacht hat. Wenige Monate vor der Wahl im Herbst 2018 lag Lula in Umfragen weit vorne, wegen der Gefängnisstrafe wurde er jedoch von der Wahl ausgeschlossen.

Lulas Interpretation wird in Brasilien nun wieder so heiß diskutiert wie lange nicht. Das liegt an Enthüllungen der Rechercheplattform The Intercept, die der durch die Snowden-Enthüllungen bekannte US-Journalist Glenn Greenwald leitet. The Intercept hat Chatprotokolle veröffentlicht, die belegen sollen, dass sich der Richter, der den Prozess gegen Lula führte, mit den Staatsanwälten abgesprochen hatte. Sergio Moro, der wegen zahlreichen Korruptionsprozessen im Rahmen der Operation "Lava Jato" selbst zu einer Berühmtheit in Brasilien geworden ist, hat den Anwälten demnach Tipps gegeben, in welche Richtung sie zu ermitteln hätten, um ein erfolgreiches Verfahren sicherzustellen.

Die Verfassung untersagt eine solche Vermischung von Ermittlung und Rechtsprechung. Für Bolsonaro ist der Vorgang äußerst unangenehm, denn Moro sitzt inzwischen als Justizminister in seinem Kabinett. Moro bezeichnete die Äußerungen in den Telegram-Chats als aus dem Zusammenhang gerissen. Lulas Gefolgsleute von der linken Arbeiterpartei forderten seinen Rücktritt.

© SZ vom 12.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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