Booster-Impfungen:Wie Israel die vierte Corona-Welle gestoppt hat

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Rückkehr zum normalen Alltag: Shopper ohne Masken auf dem Carmel Market in Tel Aviv. (Foto: Amir Cohen/REUTERS)

Die Zahl der Neuinfektionen und Hospitalisierungen geht stark zurück, seit mit den Auffrischungsimpfungen begonnen wurde.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Sind Booster-Impfungen empfehlenswert? Für Roni Gamzu, den Leiter des renommierten Ichilov-Krankenhauses und früheren Corona-Beauftragten der israelischen Regierung, fällt die Antwort eindeutig aus. "Zu hundert Prozent" hätten die Auffrischungsimpfungen gewirkt. Das ist dann doch etwas hoch gegriffen. Aber eine Studie in Israel kommt zum Ergebnis, dass es eine Wirksamkeit von immerhin 93 Prozent der Drittimpfung gegenüber einer zweifachen Impfung gibt.

Die Untersuchungsergebnisse wurden vergangene Woche im Fachjournal The Lancet veröffentlicht. Das Forscherteam verglich Daten von 728 321 Israelis, die bereits eine dritte Impfung erhalten haben, mit einer gleich großen Gruppe, deren zweite Impfung mindestens fünf Monate zurücklag. Von den 1,5 Millionen Menschen, die in die Studie einbezogen waren, mussten 231 der doppelt Geimpften wegen einer Covid-Erkrankung ins Krankenhaus, bei den dreifach Geimpften waren es nur 29. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 51 Jahre. Die Studie bezieht sich auch nur auf den in Israel verwendeten Impfstoff von Biontech/Pfizer.

In der Studie heißt es weiter, die Schutzwirkung der dritten Dosis gegen einen schweren Verlauf und eine Krankenhauseinweisung sei bei Männern und Frauen ähnlich gewesen. In der Gruppe der unter 40-Jährigen sei die Anzahl der schweren Verläufe so gering gewesen, dass man die Wirksamkeit der Booster-Impfung nicht habe abschätzen können.

Der tägliche Blick auf die Corona-Zahlen zeigt den Israelis auch ohne wissenschaftliche Studien, dass die Zahl der Neuinfektionen und Hospitalisierungen stark zurückgeht, seit mit den Auffrischungsimpfungen begonnen wurde. Anfang September wurden täglich noch mehr als 10 000 Corona-Neuinfektionen verzeichnet, jetzt sind es knapp 600.

42 Prozent der Bevölkerung sind dreimal geimpft

In Israel gilt die dritte Impfung als Schlüssel dafür, dass die vierte Corona-Welle wieder abgeebbt ist. Die Entscheidungsträger fühlen sich bestätigt, dass es richtig war, als erstes Land der Welt den Bürgerinnen und Bürgern zu empfehlen, sich rasch Auffrischungsimpfungen verabreichen zu lassen. Angesichts der damals vorliegenden Informationen war das durchaus gewagt, denn damals gab es noch keine genauen Erkenntnisse über den Nutzen der dritten Impfung.

Im Juli wurden alle, die älter als 65 Jahre waren und deren zweite Impfung mindestens fünf Monate zurücklag, zu Auffrischungen aufgefordert. Schon bald danach wurden alle Israelis ab zwölf Jahren in die Impfkampagne einbezogen. Inzwischen haben vier von neun Millionen Israelis eine dritte Impfung erhalten - das entspricht 42 Prozent der Gesamtbevölkerung.

In Israel, das als Vorreiter der Impfkampagne galt, zeigt sich auch: Wer sich bereits zwei Mal impfen ließ, ist zumeist auch zu einer Auffrischung bereit. Aber das Problem bleiben diejenigen, die sich bisher nicht impfen lassen. Seit Monaten verharrt die Impfquote bei etwas über 60 Prozent. Es sind vor allem ultraorthodoxe Juden und arabische Israelis, die sich nicht impfen lassen wollen. Die Regierung versucht es nun mit Druck: Die Gültigkeit des Grünen Passes, der für den Besuch von Restaurants oder Konzerten Voraussetzung ist, erlischt bei jenen Bürgern, deren letzte Dosis mehr als sechs Monate zurückliegt. Und schon bald will Israel damit beginnen, Impfstoff auch an Fünf- bis Elfjährige zu verabreichen.

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