Bomben und Geld:Wer sich am syrischen Bürgerkrieg beteiligt

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Nach einem Luftangriff der internationalen Koalition auf IS-Kämpfer in der kurdischen Stadt Kobanê im Oktober 2014 (Foto: AFP)

Die russischen Luftangriffe machen die Verhältnisse in Syrien noch komplizierter. Während die meisten Kriegsparteien das Ende des Assad-Regimes wollen, unterstützen die Russen den Diktator.

Von Markus C. Schulte von Drach

Nicht nur in Syrien selbst stehen sich etliche unterschiedliche Konfliktparteien gegenüber. Genauso vielfältig sind die Länder, die von außen Einfluss nehmen und die verschiedenen Gruppen unterstützen.

Direkt in die Kämpfe selbst haben bislang vor allem die USA und Iran eingegriffen. Aber auch Länder wie Jordanien, Großbritannien, und Frankreich haben Kämpfer des "Islamischen Staates" auf syrischem Gebiet aus der Luft attackiert. Während diese Staaten damit allerdings die Aufständischen etwa der Freien Syrischen Armee zu entlasten versuchen, ist die Motivation Russlands eine andere. Moskau unterstützt das Regime von Diktator Baschar al-Assad.

Wer wem in Syrien mit welchem Ziel hilft:

. (Foto: SZ.de)

Die USA

Von Beginn des Konflikts im Frühjahr 2011 an waren die Aufständischen in Syrien in der westlichen Welt auf viel Sympathie gestoßen. Insbesondere die nicht in erster Linie religiös motivierte Freie Syrische Armee, die vor allem aus Deserteuren und ehemaligen Wehrdienstleistenden der Regierungstruppen besteht, hoffte auf ausländische Unterstützung. Diese blieb allerdings weitgehend aus.

Auch die USA übernahmen die Forderung der Rebellen, Präsident Baschar al-Assad müsse zurücktreten. Inzwischen sind die Amerikaner offenbar bereit, Assad zumindest für eine Übergangszeit zu akzeptieren.

Offiziell wurden die Kämpfer militärisch lange Zeit nicht unterstützt. Nach dem Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Armee drohte US-Präsident Barak Obama mit militärischen Konsequenzen. Nachdem Syrien erklärt hatte, seine chemischen Waffen zu zerstören, kam es nicht dazu.

Erst mit der Eroberung großer Teile Syriens durch die Kämpfer der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) hat sich die Lage so verändert, dass die USA direkt in die Kämpfe eingegriffen haben. Gerechtfertigt als Kampf gegen Terroristen bombardieren die Amerikaner seit 2014 Stellungen des IS. Dazu haben die USA eine Koalition mit Ländern wie Jordanien und Saudi-Arabien gebildet.

Außerdem werden die moderaten Aufständischen im Norden Syriens seit 2014 mit leichten Waffen versorgt. Zuvor war bereits nicht tödliche technische Ausrüstung wie Kommunikationsgeräte geliefert worden. Darüber hinaus trainieren US-Soldaten syrische Aufständische. Einen Einsatz von Bodentruppen schließt Washington aber aus.

Russland

Eine Satellitenaufnahme zeigt russische Kampfflugzeuge auf dem Militärflughafen Basil al-Assad bei Latakia in Syrien (Foto: Reuters/www.Stratfor.com/Airbus Defense and Space/Handout)

Syriens Präsident Baschar al-Assad ist seit Jahren ein wichtiger Verbündeter Russlands im Nahen Osten. In Syrien verfügt das Land in Tartus über eine kleine Marinebasis. Für Präsident Wladimir Putin ist die Syrienpolitik eine Möglichkeit, außerhalb der Gebiete, die ehemals zur Sowjetunion und zum Warschauer Pakt gehörten, Einfluss auf die Weltpolitik zu nehmen. Moskau versorgt die syrische Armee bereits seit längerer Zeit mit Waffen - Syrien ist also auch als Waffenkäufer von großer Bedeutung für Russland. Inzwischen haben die Russen auch 32 Kampfflugzeuge und eigene Soldaten nach Latakia an der syrischen Küste verlegt.

Das offizielle Ziel der russischen Luftangriffe, die seit Ende September stattfinden, war der "Islamische Staat" in Syrien. Russland begründet dies mit dem Kampf gegen Terroristen. Darüber hinaus sorgt sich Moskau, dass etliche Russen, die in Syrien für den IS kämpfen, in die Heimat zurückkehren und dort Anschläge verüben könnten. Die Gebiete, die von den Russen bombardiert wurden, sind allerdings überwiegend nicht unter der Kontrolle des IS, sie werden von anderen Aufständischen gehalten. Diese Rebellen werden von der Regierung in Damaskus zwar auch als "Terroristen" bezeichnet, als Kampf gegen den IS lassen sich die Angriffe aber nicht rechtfertigen. Inzwischen ist das offizielle russische Ziel auch der Schutz des Assad-Regimes.

Iran

Die schiitische Regierung in Teheran ist der engste Verbündete Assads. Das Bündnis hat auch eine religiöse Basis: Die Schiiten unterstützen mit dem Regime in Damaskus eine von Alawiten geführte Regierung. Die Alawiten sind eine Art schiitischer Sekte, die vor allem von vielen Sunniten als Ketzer abgelehnt werden. Die Islamisten und Dschihadisten auf der Seite der Aufständischen sind Sunniten. Teheran geht es darum, die eigene Position gegenüber den sunnitisch dominierten Ländern im Nahen Osten und am Persischen Golf zu behaupten. Außerdem gelangen iranische Waffen über Syrien in den Libanon, um die Hisbollah als Gegner Israel zu stärken.

Die Karte zeigt die Orte in Syrien, an denen unsere Augenzeugen leben. (Foto: SZ-Karte: Sarah Unterhitzenberger; Quelle: IUCA)

Von Beginn der Aufstände hat Iran den Diktator mit Geld, Waffen und Hunderten Militärausbildern unterstützt. Außerdem kämpfen Angehörige der Schiitenmiliz Hisbollah aus dem Libanon auf Seiten der Regierungstruppen, die dort ebenfalls die Interessen Irans vertreten. Die Rolle Irans wird als so wichtig eingeschätzt, dass das Land zur aktuellen internationalen Syrien-Konferenz eingeladen wurde.

Türkei

Die Türkei will den Sturz des Assad-Regimes in Damaskus. Deshalb beteiligt sie sich an der Koalition mit den USA, die gegen den "Islamischen Staat" gerichtet ist. Allerdings haben die Türken auch die Islamisten der Ahrar ash-Sham und für einige Zeit sogar die Al-Qaida-Terroristen der Nusra-Front unterstützt, wie die Stiftung Wissenschaft und Politik berichtete. Islamisten und Gotteskrieger können vor allem über die türkische Grenze nach Syrien gelangen, die Türkei stellt ein wichtiges Rückzugsgebiet für sie dar.

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Die Türkei stellt den USA und deren Koalitionspartnern Flughäfen zur Verfügung, von denen diese zu Luftangriffen auf Stellungen des IS starten. Auch die Türkei fliegt selbst Luftangriffe, allerdings auf Stellungen der kurdischen Arbeiterpartei PKK in Syrien. Die offiziell als Terrororganisation eingestufte PKK kontrolliert Gebiete im Norden Syriens und behauptet sie gegen den IS. Ankara befürchtet, dass die Kurden auch in der Türkei aktiv werden könnten. Nachdem die PKK dort zwei Polizisten ermordet hat, ist der Waffenstilstand der Türken mit der PKK beendet. Die türkischen Sicherheitskräfte und die PKK kämpfen wieder gegeneinander; inzwischen sind Hunderte von Menschen gestorben.

Saudi-Arabien

Die Regierung in Riad will den Sturz Assads und hilft den Aufständischen in Syrien schon lange mit Geld und Waffen. Unterstützung bekommen vor allem die Kämpfer der Islamischen Front, die einen islamischen syrischen Staat gründen wollen. Der "Islamische Staat" wird allerdings als Gegner betrachtet, da dessen "Kalif" Abu Bakr al-Baghdadi den Anspruch hat, seine islamische Ideologie weltweit zu verbreiten und demnach auch die Macht in allen anderen arabischen Ländern zu übernehmen. Saudi-Arabien ist deshalb wie Jordanien, Katar und weitere arabische Staaten der Koalition der Amerikaner beigetreten und fliegt Angriffe auf Stellungen der IS-Milizen in Syrien. Nachdem die Russen Assad nun auch mit Kampfflugzeugen beistehen, hat Saudi-Arabiens Außenminister mit militärischen Maßnahmen gedroht, um das Regime in Damaskus zu stürzen, wenn Assad nicht freiwillig abtritt.

Katar

Das Emirat unterstützt wie andere Golfstaaten die Islamisten, insbesondere die Kämpfer von Ahrar ash-Sham, eine der größten und erfolgreichsten Gruppen der Aufständischen in Syrien. Da diese einen islamischen syrischen Staat gründen wollen, sind sie, im Gegensatz zum "Islamischen Staat", keine Bedrohung für Katar. Das Emirat hilft den Rebellen mit Waffen und militärischen Ausbildern. Das Land beherbergt mit dem Flughafen Al Udeid außerdem den wichtigsten Stützpunkt der Koalition gegen den IS. Hier sind Kampfflugzeuge der USA und der Briten stationiert.

Großbritannien

Die Briten fordern den Rücktritt Assads und setzen auf die inzwischen relativ schwachen moderaten Kräfte unter den Aufständischen. London sieht außerdem im "Islamischen Staat" und anderen islamischen Extremisten eine Bedrohung auch für den Westen. Gegen militärische Maßnahmen gibt es im Parlament in London jedoch große Vorbehalte. Anders als im Irak haben die Briten auf Luftangriffe auf Stellungen des IS in Syrien bislang weitestgehend verzichtet. Jüngst wurden zwei IS-Kämpfer aus Großbritannien bei einem britischen Drohnenangriff in Syrien getötet.

Frankreich

Die Regierung in Paris will ein Ende des Assad-Regimes und setzt ebenfalls auf die moderaten Aufständischen, die allerdings gegenüber den islamistischen Kräften ins Hintertreffen geraten sind. Außerdem halten sie den IS und andere islamistische Fundamentalisten für eine Bedrohung, der sich der Westen stellen muss. Inzwischen beteiligen sich auch die Franzosen an Luftangriffen auf Stellungen des IS. Bodentruppen will Paris nicht nach Syrien schicken.

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