Die Anerkennungsquote von Asylsuchenden aus Südosteuropa tendiert in Deutschland gegen null. Was spricht dagegen, abgelehnte Menschen zeitnah abzuschieben?
Wir müssen die Verfahren für alle Flüchtlinge verkürzen. Bei manchen dürfte das ganz schnell gehen: Einem Syrer kann man doch per se den Flüchtlingsstatus geben. Und den anderen müssen wir eine Perspektive geben, sonst lösen wir das Problem nicht. Selbst wenn wir diese Staaten zu sicheren Herkunftsländern deklarieren, ändert sich dort noch gar nichts. Europa wird keine Ruhe haben, solange wir am Rande der EU dauerhaft Armutsländer haben. So viele Zäune kann keiner bauen.
Wie könnte eine politische Lösung aussehen?
Die Politik muss den großen Wurf wagen. Deutschland braucht ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht und gleichzeitig ein Zuwanderungsrecht. Dann könnten wir endlich sauber unterscheiden: Menschen, die aus politischen Gründen flüchten, erhalten Asyl. Und Menschen, die hier arbeiten wollen, hätten die Chance, nach Deutschland zu kommen und einen Job zu finden.
Was würde sich für Albaner, Serben und Montenegriner konkret ändern?
Es sollte die Möglichkeit geben, leichter an Arbeits- und Ausbildungsvisa zu kommen. Wir brauchen Menschen, die hierbleiben und arbeiten. Und die Länder selbst brauchen Entwicklungsperspektiven.
Sollen diese Menschen sich auch in Thüringen ansiedeln?
Auch mein Bundesland braucht Zuwanderung. Wir brauchen in den nächsten zehn Jahren 280 000 Facharbeiter. Wir reden von einem Bundesland, das in den letzten 20 Jahren 350 000 Menschen durch Abwanderung verloren hat. Woher sollen die denn sonst kommen? Es gibt in Thüringen Ausbildungszentren und Berufsschulen, die zu einem Drittel leer stehen. Wir haben aktuell 5000 Lehrstellen nicht besetzt.
Eine verstärkte Zuwanderung wird die Ängste verstärken.
Das nehme ich ernst, ich meckere auch nicht, wenn jemand Fragen stellt. Es gibt Abstiegsängste. Aber was bleibt uns anderes übrig, als: erklären, erklären, erklären. Dass wir Zuwanderung brauchen, und dass man davor keine Angst haben muss.
Eine schwierige Aufgabe in einem Bundesland, in dem der Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung bei nicht einmal drei Prozent liegt.
Was man nicht kennt, fürchtet man eher. Deswegen müssen wir uns gerade intensiv um diejenigen kümmern, die keinen Job mehr finden. Das klappt, wenn wir zusätzliches Geld in die Hand nehmen und es würde sich lohnen. Ein 50-jähriger Bauarbeiter, der sich seine Knochen kaputt gemacht hat, kann nicht mehr auf dem Bau arbeiten. Aber er kann junge Leute ausbilden - auch solche, die aus Syrien oder dem Kosovo stammen.