Elfenbeinküste:Hunderte Tote nach heftigen Kämpfen

Die Widersacher schenken sich nichts: Der blutige Machtkampf um die Präsidentschaft der Elfenbeinküste fordert immer mehr Menschenleben. Die UNO macht beide Seiten für Massaker verantwortlich.

Der Machtkampf in der Elfenbeinküste fordert immer mehr Menschenleben: Die Vereinten Nationen machten nun die Truppen des international anerkannten Präsidenten Alassane Ouattara für zahlreiche Tote im Westen des Landes verantwortlich.

Forces loyal to Ivorian presidential claimant Alassane Ouattara prepare to advance on the capital Abidjan

Soldaten des international anerkannten Präsidenten der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara beim Vormarsch auf die Hauptstadt Abidjan. Die Uno macht die Kämpfer für Massaker an der Zivilbevölkerung verantwortlich.

(Foto: REUTERS)

Von 330 Menschen, die Anfang der Woche bei der westlichen Stadt Duékoué umgekommen seien, hätten die Ouattara-Truppen zum Großteil auf dem Gewissen, teilte die UN-Mission in der Elfenbeinküste (ONUCI) mit.

Doch auch durch die Truppen von Ouattaras Rivalen, dem langjährigen Staatschef Laurent Gbagbo, kommen Menschen zu Tode. Mehr als 100 Menschen seien von Söldnern der Gbagbo-Truppen getötet worden, bevor Duékoué an die Ouattara-Anhänger gefallen sei.

Vorwürfe von Massakern hatten schon vor der Mitteilung durch die UN-Mission den Machtkampf in der Elfenbeinküste überschattet. Nachdem das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mitgeteilt hatte, dass im Westen des Landes mindestens 800 Menschen getötet worden seien, wurden laut Ouattara "zahlreiche Massengräber" entdeckt.

Die Gräber seien in den Orten Toulepleu, Blolequin und Guiglo im Westen des Landes gefunden worden, hieß von der Regierung Ouattaras. Diese machte "die Söldner und Milizen" von Widersacher Laurent Gbagbo dafür verantwortlich.

Appell an Quattara-Anhänger

Vor der UNO hatte bereits das IKRK in der Nacht zu Samstag in Genf von Opfern in Duékoué gesprochen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bewaffnete Anhänger beider Lager heftige Kämpfe um die Stadt geliefert. Eine IKRK-Sprecherin sagte, die Informationen über die Opfer seien von Mitarbeitern der Organisation zusammengetragen worden.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erklärte am Samstag, dass im Machtkampf um das Präsidentenamt in dem Land zwar die meisten Verbrechen von Gbagbo-Truppen gegen Ouattara-Anhänger begangen worden seien; sie rief aber zugleich die Ouattara-Anhänger auf, Vergeltungsmaßnahmen zu vermeiden.

Die Regierung Ouattaras wies jegliche Anschuldigungen zurück und bestritt, dass die eigenen Truppen in Verbrechen verwickelt seien. Nach einer Offensive vor knapp einer Woche kontrollieren die Ouattara-Truppen inzwischen den Großteil der Elfenbeinküste.

Am Freitag hatten die Truppen eine Offensive im Regierungssitz Abidjan gestartet, um den Präsidentenpalast und die Residenz Gbagbos einzunehmen, der sich seit der Präsidentschaftswahl im November weigert, die Macht abzugeben. Am Samstag kam es zu weiteren Kämpfen in der Millionenstadt.

Französische Armee schützt Ausländer

Rund um die letzten Gbagbo-Bastionen und dem Sitz des Staatsfernsehens waren Schüsse zu hören, wie Anwohner berichteten. Am Freitag hatte die Regierung Gbagbos erklärt, eine Offensive der Gegner auf ihre letzten Standorte abgewehrt zu haben.

Der Sprecher von Ouattaras Verteidigungsministerium, Léon Kouakou Alla, sagte am Samstag allerdings, dass die Offensive noch nicht begonnen habe.

Unterdessen versammelten sich etwa 1400 ausländische Staatsbürger, davon ein Drittel Franzosen, unter dem Schutz der französischen Licorne-Truppen in einem Militärcamp in Abidjan, wie der Generalstab in Paris mitteilte.

Die Ausländer wollten sich vor Plünderungen in Sicherheit bringen. Frankreich hatte die Zahl der Soldaten der seit 2002 in dem Land stationierten Mission Licorne am Freitag um etwa 150 Mann auf 1050 bis 1100 Soldaten aufgestockt.

Seit Beginn des Machtkampfes vor vier Monaten kamen in der Elfenbeinküste mehrere hundert Menschen ums Leben, zugleich geht die UNO davon aus, dass in den vergangenen Wochen eine Million Menschen Abidjan aus Angst vor einem Blutbad verlassen hat.

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