Blutige Proteste in der Ukraine:Kiew brennt - Verhandlungen ohne Einigung

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Offener Kampf: Auf Kiews Straßen herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. (Foto: Vasily Fedosenko/Reuters)

Nächtliches Krisentreffen zwischen Präsident Janukowitsch und Oppositionsführer Klitschko endet ohne Einigung +++ Janukowitsch fordert Abzug der Demonstranten +++ Mindestens 18 Tote und 500 Verletzte in Kiew +++ Ausschreitungen weiten sich auf den Westen der Ukraine aus +++ Opposition: Mehr Demonstranten auf dem Weg in die Hauptstadt

Die Entwicklungen im Newsblog

Die Proteste in der Ukraine sind eskaliert. Ein Krisentreffen zwischen Oppositionsführer Klitschko und Präsident Janukowitsch endet in der Nacht ohne Einigung. Auch in der Westukraine kommt es zu Ausschreitungen. Die Entwicklungen im Newsblog.

  • Keine Einigung zwischen Klitschko und Janukowitsch: Der ukrainische Staatschef Viktor Janukowitsch will nach Angaben von Oppositionsführer Vitali Klitschko die Erstürmung des Protestcamps auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew fortsetzen. Janukowitsch habe einen Abbruch des Polizeieinsatzes abgelehnt und die Räumung des Platzes gefordert, berichtete Klitschko nach einem Treffen mit dem Präsidenten dem Fernsehsender Hromazke. Mehrere Oppositionsführer waren am Abend in der Präsidialkanzlei zu Gesprächen eingetroffen. Unter Berufung auf Oppositionskreise berichteten Medien, dass auch der Oppositionspolitiker und frühere Außenminister Arseni Jazenjuk an dem Treffen teilnahm.
  • Mindestens 18 Tote bei Zusammenstößen: Bei den Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften hat es nach Angaben von Behörden am Dienstag mindestens 18 Tote gegeben. Bei den Todesopfern soll es sich um elf Zivilisten und sieben Polizisten gehandelt haben. Den Angaben zufolge hatten die meisten Toten Schussverletzungen erlitten. Zudem wurden nach offiziellen Angaben mindestens 500 Menschen verletzt, davon etwa 300 Sicherheitskräfte. Die renommierte ukrainische Medizin-Professorin Olga Bogomolez sprach in der Nacht sogar von mehr als 1000 verletzten Demonstranten. Die Opposition rief die Bevölkerung laut Nachrichtenagentur dpa zu Blutspenden auf. Die Behörden haben die U-Bahn Kiews komplett stillgelegt. Der regierungskritische Fernsehsender 5 Kanal soll abgeschaltet sein. Auslöser der Gewalt war offenbar ein Angriff auf eine Polizeisperre am Vormittag gewesen. Als Täter wurden entweder radikale Oppositionelle oder aber Provokateure auf Seiten der Staatsmacht genannt.
  • Ausschreitungen in der Westukraine, Demonstranten auf dem Weg nach Kiew: Am Abend kam es auch in westukrainischen Städten zu Ausschreitungen. In Ternopol versuchten laut dpa hunderte Regierungsgegner ein Polizeigebäude zu stürmen. Das Innenministerium bestätigte, dass Demonstranten dabei Brandsätze geworfen hätten. Das Gebäude stehe in Flammen, hieß es in Berichten. Auch aus Iwano-Frankowsk und Rowno gab es Berichte über Angriffe. In Lwiw (Lembeg) stürmten laut AFP rund 600 Demonstranten den Sitz der Regionalregierung und das Polizeirevier. Örtliche Medien berichteten, dass etwa 3000 Menschen eine Polizeikaserne blockierten. Die BBC berichtet in der Nacht unter Berufung auf die Opposition, dass sich zahlreiche Regierungsgegner aus der Westukraine auf dem Weg nach Kiew befänden.
  • Polizei stürmt Maidan: Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte waren am Dienstagabend von Norden her auf den von Tausenden Regierungsgegnern besetzten Unabhängigkeitsplatz vorgerückt. Auf Fernsehbildern war zu sehen, dass die Zelte der Demonstranten in Flammen stehen. Es gab mehrere Explosionen. Die Sicherheitskräfte gehen Medienberichten zufolge mit Blendgranaten, Gummigeschossen und Wasserwerfern vor, Regierungsgegner werfen Brandsätze und Steine. Die Opposition fordert Staatspräsident Viktor Janukowitsch zum Ende der Gewalt auf. "Lassen Sie nicht zu, dass die Ukraine ein Staat wird, der in Blut versinkt", rief Ex-Außenminister Arsenij Jazenjuk. "Unser Aufruf: Ziehen Sie die Polizei zurück und verkünden Sie einen sofortigen Waffenstillstand." Vor Beginn des massiven Polizeieinsatzes hatte Oppositionsführer Vitali Klitschko alle Frauen und Kinder auf dem Maidan in Kiew aufgerufen, den Platz zu verlassen.
  • Hauptquartier der Regierungsgegner in Flammen: Gegen Mitternacht geriet das Hauptquartier der Regierungsgegner am Unabhängigkeitsplatz in Brand. Die Feuerwehr konnte die Flammen später teilweise löschen. Das Feuer hatte sich in dem riesigen Verwaltungsgebäude schnell ausgebreitet. Menschen versuchten sich mit Hilfe von Seilen aus den oberen Etagen zu retten. Auf Tragen wurden Verletzte aus dem Gebäude gebracht. Bei den Auseinandersetzungen auf dem Maidan wurden auch Zelte der Regierungsgegner in deren Protestcamp in Flammen gesetzt.
  • Westen verurteilt Eskalation: Die Regierung der Vereinigten Staaten hat Staatspräsident Janukowitsch zum Rückzug der Sicherheitskräfte und "höchster Zurückhaltung" aufgefordert. In einem Telefonat mit Janukowitsch habe sich US-Vizepräsident Joe Biden tief besorgt über die Eskalation der Gewalt gezeigt, teilte das Weiße Haus mit. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier drohte der Regierung angesichts der Eskalation mit möglichen Sanktionen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen zeigten sich tief besorgt. Klitschko forderte den Westen zur Intervention auf. Die Spitzen demokratischer Staaten dürften nicht tatenlos zusehen, "wie ein blutiger Diktator sein Volk tötet", sagte Klitschko einer Mitteilung seiner Partei Udar zufolge.
© SZ.de/Reuters/dpa/AFP/jasch/dmo/uga/pauk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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