Vereine Nationen:Warum die Blauhelme in einer Vertrauenskrise stecken

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Die Blauhelmsoldaten der UN stecken in einer Vertrauenskrise. (Foto: Stringer/Reuters)

Die einst gefeierten Friedenshüter der Vereinten Nationen haben viel Vertrauen verloren. Eine Mitschuld tragen reiche Nationen.

Von Isabel Pfaff

Jeder Mensch macht Fehler. Wenn allerdings die Guten Fehler machen, ist es besonders bitter. Die Friedenstruppen der Vereinten Nationen zählen gemeinhin zu den Guten, seit fast 70 Jahren sind die blau behelmten Soldaten weltweit für den Frieden im Einsatz, 1988 haben sie dafür den Friedensnobelpreis erhalten. In jüngster Zeit mehren sich jedoch die Zweifel: Sind die Blauhelme noch die Helden, für die sie lange gehalten wurden?

Im Südsudan haben sie sich jedenfalls gerade als feige erwiesen, wenn man den Berichten von Augenzeugen Glauben schenken will. Vor wenigen Wochen attackierten Regierungstruppen in der Hauptstadt Juba ein Hotel, in dem sich vor allem ausländische Mitarbeiter von Hilfsorganisationen aufhielten. Über mehrere Stunden quälten und vergewaltigten sie die Helferinnen und Helfer, einen südsudanesischen Journalisten brachten sie um. Nur einen Kilometer entfernt haben die Truppen der UN-Mission im Südsudan ihren Stützpunkt. Doch nach Angaben der Opfer taten die Blauhelme trotz mehrerer Hilferufe per Telefon: nichts.

Die einst gefeierten Friedenshüter stecken in einer Vertrauenskrise

Ban Ki Moon hat nun angekündigt, die Vorwürfe zu prüfen. Es ist nicht der einzige Skandal, mit dem sich der Generalsekretär der UN gerade beschäftigen muss: Im Frühjahr 2015 kamen Berichte aus der Zentralafrikanischen Republik ans Licht, wonach Blauhelme Kinder in Flüchtlingslagern missbraucht haben sollen. Auch in Darfur, Haiti und dem Kongo wurde Friedenshütern vorgeworfen, Zivilisten genötigt und vergewaltigt zu haben. Und vor Kurzem mussten die UN einräumen, eine Mitschuld an dem Cholera-Ausbruch in Haiti 2010 zu tragen. An der Epidemie sind damals knapp 10 000 Haitianer gestorben - eingeschleppt hatten sie nachweislich UN-Soldaten aus Nepal.

Die einst gefeierten Friedenshüter stecken in einer Vertrauenskrise. Schaden sie am Ende mehr als sie nützen? Sollte man auf sie verzichten? So mancher Beobachter sieht das Ende der berühmten Friedenstruppen gekommen.

Die wichtigsten Truppensteller sind arme Länder

Nur: Bevor man sie abschafft, sollte man sich die aktuellen Blauhelm-Einsätze etwas genauer ansehen. Denn während sich früher auch reiche Staaten mit ihren gut ausgebildeten Soldaten beteiligt haben, sind inzwischen arme Länder wie Äthiopien, Indien oder Bangladesch die wichtigsten Truppensteller. Das hat die Missionen verändert. Ein UN-Einsatz ist immer nur so gut wie die Armeen, die ihn bestücken - die UN selbst verfügen über so gut wie keine eigene Ausrüstung. Reiche Länder haben sich dagegen fast alle aus UN-Missionen zurückgezogen. Sie beschränken sich darauf, die Einsätze zu finanzieren, über den regulären, an der Wirtschaftskraft bemessenen Beitrag jedes UN-Mitglieds.

Diese Arbeitsteilung kann verheerende Folgen haben. Etwa, wenn die Soldaten schon im Heimatland so schlecht versorgt wurden, dass sie Krankheiten mit in den Einsatz bringen. Oder sie zu schlecht ausgerüstet sind, um die Bevölkerung schützen zu können. Oder sie so wenig Disziplin antrainiert bekommen haben, dass sie im Einsatz jeglichen Anstand verlieren. Würden sich die gut ausgestatteten Armeen reicher Staaten wieder an UN-Missionen beteiligen, wären diese Gefahren zwar nicht gebannt. Doch die Fehltritte wären seltener.

© SZ vom 23.08.2016/lucd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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