So wenig wie möglich wird dem Zufall überlassen, wenn es um die Autobiographie von Hillary Clinton geht. Dass Russlands Präsident Wladimir Putin Amerikas Ex-Außenministerin als "zu schwach" bezeichnet, sorgt nur für noch mehr Aufmerksamkeit. Am Dienstag kommt das Buch weltweit in die Läden - und bis dahin kontrolliert Amerikas Ex-Außenministerin genau, was nach außen dringt.
Für ihr erstes Interview wählte Clinton das Magazin People, das dafür die Titelseite freiräumt. Im Gespräch gibt die 66-Jährige keine Antwort auf die wichtigste Frage ("Wollen Sie 2016 Präsidentin werden?"), sondern spricht über Familie, Ehemann Bill und ihre Gesundheit. Dass dieses Thema in den Augen vieler brisant ist, zeigt sich schnell: Im Internet wurde munter spekuliert, ob sich Clinton an einem Rollator festhalte.
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Das Gesellschaftsmagazin klärt zwar schnell auf, dass sie sich an einer Stuhllehne festgehalten hatte, doch die Online-Diskussion zeigt, worauf sich die ehemalige First Lady einließe, wenn sie nach 2008 ein zweites Mal in das Rennen um das Weiße Haus einsteigen würde. Anfang Mai hatte Karl Rove, einst engster Berater von George W. Bush, erklärt, dass Hillary nach einer Gehirnerschütterung 30 Tage im Krankenhaus lag - und anschließend eine Brille getragen habe, die "typisch für Menschen mit einer schweren Gehirnverletzung" sei.
Auch wenn Roves Aussagen schnell als "völlig falsch" entlarvt wurden, sollen sie Skepsis an der Gesundheit der ehemaligen First Lady wecken, die in allen Umfragen weit vorne liegt - und damit Zweifel an Clintons Tauglichkeit für das Weiße Haus. Solche Altersdebatten sind nicht neu und werden parteiübergreifend eingesetzt: Die Demokraten thematisierten 2008 immer wieder John McCains Gesundheit und Fitness.
Angespanntes Verhältnis zu den Medien
Im People-Gespräch betonte Clinton, dass es ihr sehr gut gehe. Ähnlich hatte sich nach Roves Bemerkungen auch Ehemann Bill geäußert: "Sie macht jede Woche Sport, sie ist stark, ihr geht es toll. Soweit ich beurteilen kann, ist sie in besserer Form als ich selbst."
Das angespannte Verhältnis von Hillary Clinton zu den Medien wird sich nach dieser Pseudo-Debatte allerdings kaum verbessern. Ein aktueller New Yorker-Bericht schildert, wie sehr sich Clinton einigele. Wie viele in ihrem Umfeld ist sie der Meinung, dass es Journalisten mit den Fakten nicht so genau nehmen und auch Lügen verbreiten, solange es der Auflage nützt.
Allerdings versteht es "Hillaryland" auch sehr gut, manche Medien für sich einzuspannen. In der vergangenen Woche wurde dem Washingtoner Insider-Magazin Politico genau jenes Kapitel aus dem Buch zugespielt, das für die Ex-Außenministerin politisch am heikelsten ist. Es geht um den 11. September 2012, als im US-Konsulat im libyschen Bengasi der amerikanische Botschafter und drei Wachleute getötet wurden. Auf 34 Seiten versichert Clinton unter der Überschrift "Benghazi: Under Attack" ( hier die Politico-Zusammenfassung), dass sie kein einziges Schreiben gesehen habe, in dem vor dem Attentat stärkere Sicherheitsvorkehrungen gefordert wurden. Es sei jedoch ein Fehler ihres Ministeriums gewesen, dass die Memos nicht auf ihrem Schreibtisch gelandet seien, stellt sie fest.
Während die Republikaner im Repräsentantenhaus einen weiteren Ausschuss eingesetzt haben, um den "Bengasi-Skandal" aufzuklären, gibt sich Clinton staatstragend. Sie sei nicht bereit, sich an diesem "politischen Schlagfest" zu beteiligen, das den Toten nicht gerecht werde. Der Tod von US-Botschafter Christopher Stevens sei ein "Schlag in den Magen" gewesen - und niemals habe sie die Last der Verantwortung deutlicher gespürt als in dieser Situation.
Clinton wird Eigenständigkeit zeigen
Der Schwerpunkt des Buches "Hard Choices" ( dem deutschen Verlag Droemer genügt als Titel "Entscheidungen") liegt auf der Außenpolitik. In einem vorab veröffentlichten Werbevideo berichtet die 66-Jährige, dass sie vor allem über ihre Zeit als Außenministerin geschrieben habe. Der 944-Seiten-Wälzer beginne nach ihrer gescheiterten Kandidatur 2008 - als Obama sie gefragt habe, ob sie nicht seine Chefdiplomatin werden wolle, sagt Clinton, die bald erstmals Großmutter wird.
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Der TV-Sender CBS berichtet nun, ein Mitarbeiter habe ein Exemplar in einem Buchladen kaufen können - und zitiert einige Passagen. So habe sie sich zwischen 2009 und 2012 bei Gesprächen mit den Taliban dafür eingesetzt, dass der US-Soldat Bowe Bergdahl frei komme. Der Fall Bergdahl bewegt die US-Gesellschaft gerade sehr. Den Russen Wladimir Putin bezeichnet sie als "dünnhäutig und autokratisch". Daneben schreibt Hillary Clinton auch über die Hochzeit ihrer Tochter Chelsea ("einer der glücklichsten und stolzesten Momente meines Lebens") und den Kampf gegen Jetlag ("Ich trank Unmengen Kaffee und Tee, um während Meetings und Telefonkonferenzen wach zu bleiben").
Allgemein wird damit gerechnet, dass Clinton Ende 2014 erklären wird, ob sie sich um die Nachfolge ihres "Freundes" Barack Obama bewerben wolle. Die Analysten der Kabelsender und die Washingtoner Polit-Elite werden sicher genau nach Stellen suchen, wo sich die frühere Außenministerin von Obama und dessen Außenpolitik distanziert.
Eigenständigkeit wird Clinton, die etwa in Syrien stärker eingreifen und die Rebellen bewaffnen wollte, sicher zeigen. Denn nach fast sechs Jahren sind viele Amerikaner ihres 44. Präsidenten überdrüssig - sie werden sich fragen, was der oder die nächste anders machen wird. Wenn Clinton nochmals antritt, muss sie drauf eine Antwort finden - und sie dann mithilfe der von ihr so skeptisch beäugten Medien verbreiten.
Linktipps: Was die jüngsten Aussagen von Monica Lewinsky, der Ex-Geliebten von Bill Clinton, für Hillarys Kandidatur bedeuten, ist in diesem US-Blog beschrieben. Ein Porträt über Hillary Clinton von SZ-Korrespondent Nicolas Richter finden Sie hier.