Bilanz von Nicolas Sarkozy:Model geheiratet, Burka verboten

Nicolas Sarkozy hat in seiner Amtszeit als französisches Staatsoberhaupt ein Model geheiratet, die Burka verboten, Diktatoren empfangen und sie später verjagt. Und sonst? Die Bilanz seiner Regierungszeit.

Lilith Volkert

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Nicolas Sarkozy hat in seiner Amtszeit als französisches Staatsoberhaupt ein Model geheiratet, die Burka verboten, Diktatoren empfangen und sie später verjagt. Und sonst? Frankreich steht vor einem riesigen Schuldenberg, die Wirtschaft stagniert, die Kaufkraft sinkt, die Arbeitslosigkeit ist mit 9,7 Prozent so hoch wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Anfang des Jahres hat auch noch die Ratingagentur Standard & Poor's dem Land das Top-Rating AAA genommen. Die wirtschaftliche Bilanz des "Präsidenten der Vollbeschäftigung" ist nicht besonders vielversprechend für eine zweite Amtszeit - auch wenn man Sarkozys Soll zugutehalten muss, dass vielen seiner Projekte die Wirtschaftskrise 2008 in die Quere gekommen ist. Doch grundsätzliche Probleme wie Frankreichs mangelnde Wettbewerbsfähigkeit ist er zu spät und zu zaghaft angegangen.

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Nicolas Sarkozy wollte Rentensystem, Justiz, Schulwesen, Krankenhausorganisation und die öffentliche Verwaltung reformieren. Kaum war er Präsident, hat er mit allem gleichzeitig begonnen, was für einiges Chaos gesorgt hat. Viele Veränderungen wurden durch Demonstrationen und Streiks verhindert, Sarkozys zwischenzeitliches Lieblingsprojekt, eine Kohlendioxidsteuer, hat das Verfassungsgericht kassiert. Das Renteneintrittsalter immerhin wurde von 60 auf 62 Jahre erhöht, eine große, symbolträchtige Reform sucht man in seiner Amtszeit aber vergeblich.

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Nicolas Sarkozy wollte mit den politischen Gepflogenheiten der Vergangenheit brechen, er machte den Sozialisten Bernard Kouchner zum Außenminister und holte Leiter bekannter sozialer Organisationen sowie mehrere Politikerinnen maghrebinischer Herkunft in die Regierung (im Bild: die damalige Justizministerin Rachida Dati, Tochter einer Algerierin und eines Marokkaners). Auf anderen Feldern trat der Präsident weniger versöhnlich auf: Nicolas Sarkozy brach eine Debatte über nationale Identität vom Zaun, die viele als fremdenfeindlich kritisierten, er setzte öffentlichkeitswirksam ein Burkaverbot durch und ließ Hunderte Roma ausweisen.

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Sicherheitspolitik war Sarkozys Lieblingsthema im Wahlkampf 2007. So wunderte es niemanden, dass die Regierung kurz nach seinem Amtsantritt bereits die erste Gesetzesvorlage zur härteren Bestrafung von Wiederholungstätern verabschiedete. Auch die traditionelle Amnestie für Gefangene am Nationalfeiertag schaffte der Präsident ab. Trotz zahlreicher restriktiver Maßnahmen konnte die Anzahl der begangenen Straftaten nicht nennenswert gesenkt werden. Auch die Situation in den sozialen Brennpunkten bekommt die Regierung nicht in den Griff. Die Jugendlichen in den Vorstädten (Banlieus) werden immer noch benachteiligt - entsprechend groß ist ihre Wut (im Bild: Unruhen in Paris nach der Bekanntgabe von Sarkozys Wahlsieg).

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Außenpolitisch konnte Nicolas Sarkozy einige Erfolge verbuchen. Frankreichs EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2008 wurde allgemein als Erfolg gewertet. In diese Zeit fiel der Krieg in Georgien, die Finanzkrise und ein zähes Ringen um den Klimaschutz. Außerdem näherte sich Frankreich unter Sarkozy wieder den USA an, nachdem Jacques Chirac 2003 gemeinsam mit Kanzler Gerhard Schröder vehement die Unterstützung Frankreichs und Deutschlands für den Irakkrieg entzogen hatte.

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Auch in Libyen konnte sich der Präsident profilieren. Nachdem Frankreichs Regierung sich während der Revolutionen in Tunesien und Ägypten bis auf die Knochen blamiert hatte - Außenministerin Alliot-Marie wollte dem tunesischen Diktator Ben Ali sogar noch Polizisten zur Unterstützung schicken -, ging Nicolas Sarkozy zu Beginn der Libyenkrise mit doppeltem Elan ans Werk. Er setzte einen Militäreinsatz der Vereinten Nationen durch und ließ sich nach Gaddafis Sturz feiern. Noch Ende 2007 hatte er den Diktator in Paris empfangen (s. Bild).

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Dass schon ein Jahr nach seinem Amtsantritt zwei von drei Franzosen unzufrieden mit Sarkozys Arbeit waren, lag sicher auch am oft sehr rüden, arroganten Umgangston des Präsidenten. "Hau ab, du Depp", sagte er auf der Landwirtschaftsmesse zu einem Besucher, der ihm nicht die Hand schütteln wollte. Auch der eine oder andere Kabinettskollege bekam während seiner fünfjährigen Amtszeit eine öffentliche Abreibung. Sarkozys Beliebtheitswerte stürzten rasch ab, noch nie war ein französischer Präsident so unbeliebt wie er.

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Auch Sarkozys Hang zum Luxus schreckte viele Franzosen ab. Vor der Wahl hatte er angekündigt, sich eine Weile zum Nachdenken in ein Kloster zurückzuziehen, seinen Sieg feierte er dann aber im Nobelrestaurant Fouquet's auf den Champs-Élysées. Kurz darauf erholte er sich auf der Luxusjacht eines Freundes. Außerdem ließ sich "Präsident Bling-bling" vom Parlament eine Gehaltserhöhung von 140 Prozent genehmigen, er verdient nun 240.000 Euro im Jahr.

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Vor allem im ersten Jahr seiner Amtszeit lieferte Sarkozy den Klatschspalten der Zeitungen mehr Material als dem Politikteil. Nach der Trennung, Versöhnung und schließlich Scheidung von seiner Frau Cécilia heiratete der Präsident das Ex-Model Carla Bruni (s. Bild). Im Oktober 2011 bekamen beide eine Tochter - zum ersten Mal in der Geschichte der Fünften Republik wurde ein Präsident im Amt Vater.

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Als Präsident legte Nicolas Sarkozy eine eigenwillige Vorstellung seiner Machtfülle an den Tag. Er verschafft seinem 23-jährigen Sohn Jean (s. Bild) einen Chefposten bei der Entwicklungsgesellschaft Epad, den dieser aber nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft nicht antrat. Schon 2006 hatte Sarkozy dafür gesorgt, dass der Chefredakteur der Illustrierten Paris Match entlassen wurde, der ein Bild von Sarkozys Exfrau und deren damaligem Geliebten auf dem Titelblatt gezeigt hatte. Später ließ das Magazin in vorauseilendem Gehorsam auf einem Urlaubsfoto Sarkozys Hüftspeck retuschieren. Auch andere französische Medien berichten nicht oder nur sehr zurückhaltend über Fehltritte des Präsidenten - wie etwa von einem offensichtlich angetrunkenen Auftritt auf einer Pressekonferenz.

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