Bilanz der Kanzlerin:Die Miserablen

Kanzlerin Merkel erklärt die miesen Werte in Umfragen mit dem ruppigen Klima in der Koalition. Dabei fühlen sich die Wähler viel mehr von einer Regierung veralbert, die erst Steuererleichterungen versprach und nun eisern spart.

Susanne Höll

Dass SPD und Grüne nach nicht einmal einem Jahr schwarz-gelber Regierungszeit in Umfragen eine absolute Mehrheit erringen könnten, hätte sich die Bundeskanzlerin im vergangenen September niemals gedacht. Und sie muss damit rechnen, dass das öffentliche Ansehen ihrer Koalition weiter sinkt.

Kanzlerin Angela Merkel mauserte sich von der Steuersenkungsversprecherin zur eisernen Sparministerin. Den meisten Bürgern gefällt das nicht. (Foto: ag.ddp)

Es wird weitere Sparbeschlüsse geben, im nächsten Jahr werden Millionen Krankenkassen-Mitglieder die Auswirkungen der Gesundheitsreform spüren - in Form steigender Beiträge und Zusatzzahlungen. Und mit der Verlängerung der Atomlaufzeiten werden CDU, CSU und FDP zudem neuen Verdruss bei ihren verbliebenen Anhängern verursachen.

Dass die Kanzlerin vor ihrem Sommerurlaub die wahrhaft miserable Lage mit ungespielter Gelassenheit beurteilt, ist vielleicht ihrer verständlichen Vorfreude auf ein paar Wochen fern des Berliner Koalitionsgezänks geschuldet. Merkel scheint aber tatsächlich mit sich selbst und ihrer Sachpolitik im Reinen zu sein. Sie dürfte allerdings irren, wenn sie glaubt, dass das Image der Regierung wieder glänzt, wenn Minister und Abgeordnete auf wechselseitige Beschimpfungen à la Gurkentruppe verzichten.

Die Wähler sind nicht verärgert über das eine oder andere unziemliche Wort. Sie fühlen sich veralbert von einer Regierung, die erst Steuererleichterungen versprach und nun eisern spart.

Dass die Regierung vorzeitig zerbricht, ist aber nicht zu erwarten. Auch fehlt es noch an der wirklichen Alternative. Die Umfragewerte der Sozialdemokraten bessern sich. Das allerdings bedeutet nicht, dass man ihnen schon wieder zutraut, das Land besser zu regieren. Es zeigt vorerst nur, wie schlecht es um die Koalition steht.

© SZ vom 22.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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