Besuch in Israel:Merkel unter Männern

Lesezeit: 2 min

Die Bundeskanzlerin und einige ihrer Minister trafen auf Mitglieder der israelischen Regierung. (Foto: dpa)
  • Die Bundeskanzlerin löst beim Besuch in Israel einen Shitstorm aus.
  • Dieser richtet sich allerdings nicht gegen sie, sondern gegen israelische Politiker und Wirtschaftsvertreter.
  • Bei einem Treffen mit Premier Netanjahu und zahlreichen Managern war sie die einzige Frau - und kritisierte das deutlich.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat mit einer Bemerkung während ihres Besuchs in Israel einen Shitstorm in sozialen Medien und eine Entschuldigung des Außenministeriums ausgelöst. Die Proteste, vornehmlich von Frauen, richten sich allerdings nicht gegen Merkel, sondern wurden von ihr inspiriert.

Als sich Merkel vergangenen Donnerstag an der Seite von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu beim Treffen mit Wirtschaftsvertretern umblickte, sah sie nur Männer um sich. Unverblümt sagte sie zum Auftakt: "Es wäre nett, wenn beim nächsten Mal auch Frauen dabei sein würden. Das scheint noch eine sehr männliche Domäne zu sein." Als sie dann in offensichtlich betretene Gesichter blickte, beeilte sich Merkel zu versichern, dass alle herzlich willkommen seien. "Das ist nur eine Ermutigung." Später versammelte man sich zum Gruppenbild mit Dame: Merkel fiel in der Runde mit 25 Männern mit Anzügen in gedeckten Farben auch optisch wegen ihres Blazers, den israelische Medien als "fuchsiafarben" beschrieben, auf.

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Am Mittwoch soll ein neues Foto gemacht werden - mit größerem Frauenanteil

Das Video mit Merkels Bemerkung und das Foto verbreiteten sich rasch über die sozialen Medien. Nava Swersky Sofer sah zuerst das Video. "Ich war überrascht. Das ist ein sehr scharfer Kommentar. Gut, dass das endlich jemand anspricht!" Erst danach sah die Co-Chefin von "Directors Leading Chance", einer Organisation, die mehr Frauen in Aufsichtsräte bringen will, das Gruppenbild. "Da habe ich mich geschämt. Das ist peinlich für Frauen, die in der Tech-Industrie arbeiten und für Führungskräfte generell. Ich habe mich aber auch als Israelin beschämt gefühlt. Das können wir auf der israelischen Seite definitiv besser."

Der Aufschrei verbreitete sich rasch in den sozialen Medien. Gerade weil das Foto so ein starkes visuelles Image kreiert hat, wollen Swersky Sofer und ihre Mitstreiterinnen dieses Bild korrigieren. Für Mittwoch haben sie nun alle israelischen Teilnehmer des Treffens mit Merkel und weibliche Führungskräfte zu einem Fotoshooting eingeladen. Es soll ein "alternatives Bild" entstehen. "Wir wollen das Foto nachstellen mit einem ausgeglichenen Geschlechterverhältnis, wie das in Israels Tech-Industrie der Fall sein soll. Die Absicht ist, das Übergewicht zu korrigieren, das am Donnerstag bestanden hat." Einige der Repräsentanten, die am Donnerstag dabei waren, haben auch für Mittwoch zugesagt.

Auch das israelische Außenministerium reagierte auf den Proteststurm: Während der Organisation der Veranstaltung habe man zu wenig darauf geachtet, ob auch Frauen unter den Repräsentanten seien. "Wir entschuldigen uns." Allerdings waren unter den elf Mitgliedern der Wirtschaftsdelegation, die Merkel aus Deutschland begleitet haben, auch nur Männer. Kommentare dazu will Swersky Sofer "der deutschen Seite" überlassen. "Aber es wäre ein starkes Zeichen, wenn Merkel eine Delegation mit rein weiblichen Wirtschaftsvertretern aus Israel empfangen würde."

Dass die Bundeskanzlerin davor auch bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Haifa die Frage gestellt hat, wie viele Professorinnen es eigentlich gebe, empfindet Swersky Sofer als "wohltuend": In ihrer Karriere habe Merkel wohl entdeckt, "dass sie als Frau doch ziemlich oft allein ist. Und jetzt spricht sie das offen an".

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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