Beschlüsse von Schwarz-Gelb:Kranken- und Pflegeversicherung teurer

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Die Bürger werden weit weniger entlastet als angekündigt. Zwar sinken die Steuern, aber einige könnten am Ende sogar weniger Geld in der Tasche haben.

G. Bohsem und C. Hulverscheidt

Die Bundesbürger werden durch die Beschlüsse der künftigen Regierungskoalition weit weniger entlastet als im Wahlkampf versprochen. Zwar verständigten sich CDU, CSU und FDP am Freitag darauf, die Steuern um insgesamt rund 25 Milliarden Euro im Jahr zu senken. Gleichzeitig kommen auf die Bürger aber deutlich höhere Kosten für die Kranken- und die Pflegeversicherung zu. Einzelne Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel kinderlose Arbeitnehmer, könnten am Ende sogar weniger Geld in der Tasche haben als bisher.

Union und FDP hatten im Wahlkampf erklärt, den Menschen müsse "mehr Netto vom Brutto" bleiben, damit sie konsumieren und die Wirtschaft ankurbeln könnten. Das Versprechen wird allerdings nur eingelöst, wenn man die Steuerbeschlüsse isoliert betrachtet. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll zum 1. Januar 2010 der steuerliche Kindergrundfreibetrag von derzeit 6024 auf etwa 7000 Euro und das Kindergeld für das erste und das zweite Kind von 164 auf 180 Euro erhöht werden.

Gleichzeitig wird der Eingangssatz der Einkommensteuer leicht gesenkt. In einer zweiten Stufe klettern Grundfreibetrag und Kindergeld spätestens 2012 auf 8004 beziehungsweise 200 Euro. Steuererleichterungen wird es zudem für Erben und Unternehmen geben.

So sollen die Betriebe Investitionen schneller abschreiben und Gewinne und Verluste wieder leichter miteinander verrechnen können. Auf Verbesserungen freuen können sich auch Haus- und Wohnungsbesitzer, die sich verschulden mussten: Die Kredite sollen nur noch an Investmentfonds verkauft werden dürfen, wenn ein Darlehensnehmer zustimmt.

Die gesetzlich Krankenversicherten müssen sich dagegen auf deutlich höhere Belastungen einstellen, denn sie sollen den erwarteten Kostenanstieg im Gesundheitswesen weitgehend alleine bezahlen. So vereinbarten Union und FDP, den Arbeitgeberanteil an den Krankenkassenbeiträgen einzufrieren.

Für Geringverdiener und sozial Schwache soll es allerdings einen Ausgleich geben, der über Steuergelder finanziert wird. Der Einstieg in das neue System ist für 2011 geplant, die Details soll eine Regierungskommission klären. Im kommenden Jahr wird es zunächst beim Einheitsbeitrag von 14,9 Prozent des Bruttolohns bleiben. Davon zahlt der Arbeitnehmer 7,9, der Arbeitgeber sieben Prozentpunkte.

Das für 2010 erwartete Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung von 7,4 Milliarden Euro soll größtenteils durch einen Zuschuss aus der Staatskasse ausgeglichen werden. Finanzschwache Kassen können zudem entweder fusionieren oder einen Zusatzbeitrag erheben. Bislang verlangt erst eine der rund 180 Kassen einen solchen Extra-Obulus. Insbesondere große Versicherer fürchten eine massenhafte Abwanderung ihrer Mitglieder, sobald eine von ihnen einen Zusatzbeitrag ankündigt.

Mittelfristig laufen die Pläne der neuen Koalition auf eine Kopfpauschale mit steuerfinanziertem Sozialausgleich hinaus. Der Beitrag der Arbeitgeber würde dann nicht mehr direkt an den Gesundheitsfonds überwiesen, sondern an die Beschäftigten ausbezahlt. Unklar blieb jedoch, ob die Pauschale den bisherigen einkommensabhängigen Krankenkassenbeitrag vollständig ersetzen oder nur ergänzen soll.

© SZ vom 24./25.10.2009/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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