Berliner Reaktionen auf die Saarland-Wahl:Bremse für den Schulz-Zug

Die Bundes-SPD muss erkennen: Die Strahlkraft ihres Kanzlerkandidaten hat Grenzen. Und bei der Union wird dezent die Ähnlichkeit der saarländischen Gewinnerin mit Merkel betont.

Von Nico Fried und Christoph Hickmann, Berlin

Über wen redet der Mann hier eigentlich? Michael Grosse-Brömer, parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, ist der erste prominente CDU-Vertreter, der sich am Sonntagabend vor eine Fernsehkamera stellt. Er preist die Wahlsiegerin und saarländische Parteifreundin Annegret Kramp-Karrenbauer mit Worten, die ganz bestimmt nicht zufällig so klingen, als habe jemand ganz anderes auch gleich die Wahl gewonnen, nämlich Angela Merkel.

Kleines Land, große Beachtung. Die Landtagswahl im Saarland und die möglicherweise komplizierte Regierungsbildung werden in Berlin mit Interesse verfolgt - bei der Kanzlerin, aber auch bei ihrer Konkurrenz. Selten war das Wort vom Stimmungstest so passend, denn tatsächlich ging es im Südwesten auch um die Frage, ob sich in Deutschland eine Wechselstimmung abzeichnet.

Das Saarland taugte dafür durchaus als Indikator, weil die Konstellation so ähnlich ist wie die im Bund: Eine angesehene Regierungschefin muss sich einer mehr oder weniger vereinten Gegnerschaft von links erwehren, die getragen wurde von anschwellender Zuversicht. Und jetzt das.

Große Freude über einen "grandiosen Sieg" herrsche in der CDU, sagt Michael Grosse-Brömer, der aus Niedersachsen kommt, weshalb die Mimik nicht umstandslos mit seinen Worten in Einklang zu bringen ist. Belohnt worden sei damit "unaufgeregte, sachorientierte Politik", so der CDU-Mann. "Seriöses Regieren zahlt sich aus, in unruhigen Zeiten möchten die Leute von jemandem regiert werden, dem sie vertrauen." Spätestens hier soll der Zuschauer natürlich die Ähnlichkeiten zwischen Kramp-Karrenbauer und Merkel erkennen. Ein "toller Start ins Wahljahr" sei das: "Wir sind gut gelaunt."

Grosse-Brömer hat sich erkennbar vorgenommen, den Triumph nicht zu sehr sichtbar zu machen, den sie in der CDU-Zentrale verspürt haben müssen: Der ganze Hype um den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz hat sich erst einmal in Luft aufgelöst. Dabei war die Unruhe groß in der Partei: Die Kanzlerin reagiere nicht hart genug auf den Herausforderer und müsse mehr Engagement, mehr Begeisterung zeigen, hieß es.

Nach Jahren des Frusts ging es aufwärts bei der SPD

Merkel aber ist stets dabei geblieben, dass ihr wichtigster Beitrag zum Wahlkampf einstweilen sei, noch nicht wirklich Wahlkampf zu machen, außer im Saarland natürlich. Und dort hat es mindestens nicht geschadet: Mehrere Prozentpunkte Zuwachs verzeichnet die CDU.

Und wie reagiert die SPD? Die kannte ja, zumindest demoskopisch gesehen, seit Wochen eigentlich nur noch eine Richtung: nach oben, nach vorn. Seit Martin Schulz die Kanzlerkandidatur übernommen hatte, schien plötzlich, nach Jahren des Frusts und des Darbens, nichts mehr unmöglich zu sein. Der Schulz-Zug, wie die Genossen das Phänomen umschrieben, er rollte, und der Lokführer strahlte.

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