Berlin:Streit um die Panzer

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Zwei sowjetische Panzer vom Typ "T-34" stehen neben dem Zugang zum Sowjetischen Ehrenmahl und der Grabstätte für 2000 sowjetische Soldaten in Tiergarten - und entfachen in diesen Tagen eine Debatte. (Foto: Carsten Koall/dpa)

Eine CDU-Vertreterin möchte die beiden historischen Kampffahrzeuge vor dem sowjetischen Ehrenmal entfernen lassen. Aktivisten hatten eine originellere Idee.

Von Robert Probst

Die acht Meter hohe Bronzestatue eines Rotarmisten, die seit November 1945 auf den Berliner Tiergarten blickt, hat das Gewehr über der Schulter hängen. Es ist ein Zeichen für das Kriegsende und dafür, dass nun Frieden herrscht. Das sowjetische Ehrenmal an der Straße des 17. Juni ist aber spätestens seit dem 24. Februar wieder ein Streitobjekt geworden - weil nun eben kein Frieden mehr herrscht in Europa. Und weil da auch zwei Panzer vom Typ T-34 das Ehrenmal flankieren, wird die Rhetorik martialischer. Aber so einfach, wie es manch eine gern hätte, ist es nicht.

Heute stünden die Panzer im Stadtteil Tiergarten nicht mehr nur für die Befreiung Deutschlands und Europas vom Nazi-Faschismus durch die Sowjetunion, sondern würden "zu Symbolen der aggressiven und territoriale Grenzen und Menschenleben missachtenden Kriegsführung des Putin-Regimes", schrieb jüngst die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Stefanie Bung. Will sagen: Die beiden Panzer sollen weg. "Längst rollen russische Panzer in Europa - in der Ukraine - dem Land, aus dem viele der im Tiergarten beigesetzten Soldaten ursprünglich stammten", so Bung weiter.

In der Tat ist das Ehrenmal vor allem ein Friedhof. Ihre linke Hand hält die Statue ruhend über den Gräbern von mehr als 2000 Soldaten, die im April 1945 beim Kampf um Berlin gestorben sind. Die Gesamtzahl der gefallenen Rotarmisten beim Marsch auf die Hauptstadt des NS-Regimes wird auf 80 000 geschätzt. Es waren Russen, Ukrainer, Tataren, Georgier und Soldaten aus fast allen sowjetischen Teilrepubliken dabei.

Die Stadt Berlin ist für die Denkmalpflege zuständig, hat sonst aber nichts zu entscheiden

Der Senat hat das Ansinnen Bungs bereits klar zurückgewiesen. "Hier geht es um das Gedenken der Toten des Zweiten Weltkriegs, in dem auf Seiten der Roten Armee Soldaten vieler Nationalitäten der Sowjetunion, darunter etliche russische und ukrainische, im Kampf gegen das Nazi-Regime starben", teilte Berlins Umweltsenatorin und Bürgermeisterin Bettina Jarasch (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur mit.

Außerdem hat sich die Bundesrepublik im deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrag vom 9. November 1990 verpflichtet, sowjetische Denkmäler und Kriegsgräber in Deutschland zu erhalten und zu pflegen. Dafür hat die Bundesregierung seit 1991 nach eigenen Angaben einen zweistelligen Millionenbetrag bereitgestellt. Mit anderen Worten: Die Stadt Berlin hat bei einer möglichen Panzer-Entfernung nichts mitzureden; für Erhalt und Pflege vor Ort ist aber die städtische Umweltverwaltung zuständig.

Die große Inschrift am Ehrenmal lautet übrigens: "Ewiger Ruhm den Helden, die für die Freiheit und Unabhängigkeit der Sowjetunion im Kampf gegen die faschistischen deutschen Eindringlinge gefallen sind. 1941-1945". Sie erinnert damit daran, dass Hitler-Deutschland einen brutalen Vernichtungsfeldzug in Osteuropa begonnen hatte, dem wohl mehr als 25 Millionen Menschen - Soldaten und Zivilisten - zum Opfer fielen. Und daran, dass die Wehrmacht sich erst geschlagen gab, als sein fanatischer Diktator sich das Leben genommen hatte und praktisch ganz Deutschland von den Alliierten besetzt war.

Unbekannte haben die historischen Panzer in die ukrainische Flagge gehüllt, Polizeibeamte entfernen diese wieder. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Für Bungs Antrag gibt es bisher nur wenige Befürworter, die CDU-Fraktion hat noch nicht über die Idee diskutiert. Vermutlich war die Idee unbekannter Aktivisten Ende März daher zielführender. Sie hatten die beiden T-34-Modelle, die 1945 als Erste die Stadt erreicht haben sollen, ganz in ukrainische Flaggen gehüllt.

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