Belarus:Literaturnobelpreisträgerin Alexijewitsch in Deutschland

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Die Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch engagiert sich auch politisch. (Foto: dpa)

Die 72-Jährige ist auf Einladung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes nach Berlin gekommen. Die wohl prominenteste belarussische Oppositionelle ist eine scharfe Kritikerin von Staatschef Lukaschenko.

Die politisch engagierte Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch hat ihre Heimat Belarus verlassen und ist mit dem Flugeug in Berlin eingetroffen.

Die 72-Jährige ist auf Einladung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes nach Deutschland gekommen und wird im Rahmen des Berliner Künstlerprogramms der Organisation in Berlin an einer neuen Publikation arbeiten, teilte der DAAD der dpa auf Anfrage mit. Die Schriftstellerin hatte bereits 2011 als Stipendiatin des Künstlerprogramms ein Jahr lang in Berlin gelebt.

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es darüber hinaus, Alexijewitsch werde sich in Berlin auch medizinisch behandeln lassen. In diesem Zusammenhang sei sie von der deutschen Botschaft in Minsk betreut worden. Die gesundheitlich angeschlagene Autorin gehört zu den schärfsten Kritikern des Präsidenten Alexander Lukaschenko. Sie forderte immer wieder seinen Rücktritt - fühlte sich zuletzt aber bedroht von den Behörden in "Europas letzter Diktatur", wie Gegner Lukaschenkos das Land nennen.

Die international bekannte Schriftstellerin hatte sich als Mitglied im Präsidium des von der Opposition gegründeten Koordinierungsrates für einen friedlichen Machtübergang in ihrem Land engagiert. Wegen ihrer Funktion in dem Gremium war sie unlängst auch von den Ermittlern vorgeladen worden. Der belarussische Generalstaatsanwalt Alexander Konjuk hatte den Koordinierungsrat für illegal erklärt und ihm den Versuch der Machtergreifung vorgeworfen.

Alexijewitsch beklagte zuletzt öffentlich, dass ihr Präsidiumskollege Maxim Snak festgenommen wurde. Zuvor waren die Oppositionelle Maria Kolesnikowa und andere verhaftet worden. Zwei Präsidiumsmitglieder hatten das Land auf Druck der Behörden verlassen. Westliche Diplomaten hatten sich für den Schutz der Autorin eingesetzt und einen Wachdienst eingerichtet, nachdem die Schriftstellerin sich in ihrer Wohnung in Minsk von den belarussischen Behörden bedroht gefühlt hatte.

Alexijewitsch hatte viele Angebote aus dem Ausland erhalten, sich in Sicherheit zu bringen. Auch Friedenspreisträger aus aller Welt hatten sich mit der Autorin solidarisiert und ihren Mut gewürdigt.

Die Situation in Belarus hat sich seit der Wahl Anfang August zugespitzt. Nach dem offiziellen Ergebnis soll der 66-jährige Staatschef der Ex-Sowjetrepublik Alexander Lukaschenko nach 26 Jahren an der Macht mit 80,1 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden sein. Die Opposition wirft ihm jedoch Wahlfälschung vor und sieht Swetlana Tichanowskaja als Siegerin der Abstimmung an, seit Wochen gehen Hunderttausende gegen Lukaschenko auf die Straße.

Im Gespräch mit der SZ hatte Alexijewitsch die Protestierenden zu Gewaltlosigkeit und Lukaschenko zum Rücktritt aufgefordert. Er müsse gehen, bevor er sein Land in den "Abgrund eines Bürgerkriegs" stürze.

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Von Silke Bigalke

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