Bayer:Stunde der Wahrheit

Früher fielen deutsche Konzernlenker durch Bedacht und Weitblick auf. Heute zählt in vielen Chefetagen nur das Geld, leider auch bei Bayer.

Von Marc Beise

Ganze Geschäftsfelder will der Traditionskonzern Bayer verkaufen und 12 000 Arbeitsplätze abbauen. Natürlich liegt der Verdacht nahe, dass die Krisenbeschlüsse Folge des umstrittenen Milliardenkaufs des US-Saatgutherstellers Monsanto sind. Völlig falsch, sagt der Vorstand, betroffen seien Bereiche, die ja gerade nichts mit dem Agrargeschäft zu tun haben, etwa die Herstellung von Medikamenten. Das stimmt einerseits.

Andererseits aber überschattet der Kauf von Monsanto den Bayer-Alltag in allen Belangen. Vorstandschef Werner Baumann ist ein in der deutschen Wirtschaft bisher kaum gekanntes Risiko eingegangen, das seine Handlungsoptionen begrenzt. Es ist eine fast unlösbare Aufgabe, Monsanto zu integrieren, dessen schlechten Ruf von der Kernmarke Bayer fernzuhalten und die finanziellen Risiken zu beherrschen. Da kann gar nicht genügend Kraft bleiben, den so dringend nötigen Umbau des Hauses geordnet zu betreiben. Stattdessen rettet man sich in brutale Ankündigungen und hofft, dass das den Geldgebern an der Börse gefällt.

Das waren noch Zeiten, als deutsche Konzernlenker sich von amerikanischen dadurch unterschieden, dass sie mit Sorgfalt, Bedacht und Weitblick unterwegs waren. Heute zählt in vielen Chefetagen nur noch das große Geld und die heftige Geste, leider auch bei Bayer.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: