Die Überlebenden liegen oben im dritten Stock. Pritsche an Pritsche. Wie in einem Feldlazarett. Ganz vorne an der Tür starrt ein junger Mann an die Decke. Sein Oberkörper ist nackt. Vom Bauchnabel bis zu den Zehen ist er in einen weißen Verband gewickelt. Ärztin Zaman Humayra beugt sich ganz weit zu ihm hinunter, um zu verstehen, was er flüstert.
Alle hier sind vollgepumpt mit Schmerzmitteln, nur manchmal ist ein leises Stöhnen zu vernehmen, ansonsten liegt Stille über dem Saal. Aber die plastische Chirurgin hat die Schreie nicht vergessen. Jede Minute können weitere Brandopfer gebracht werden. Mal seien es fünf, mal acht, sagt sie. Pro Tag. Einmal trugen Helfer 29 Verletzte hintereinander herein.
Seit die Brandattacken vor zwei Monaten begannen, hat die 34-jährige Ärztin kaum Schlaf gefunden. Und ihre Patienten sowieso nicht. Der Schwerverletzte an der Tür heißt Zilkod. Er ist 18. Neben ihm steht schweigend seine Mutter Shanaz, die wie ihr Sohn nur einen Namen trägt. Sie betet zu Gott und hofft, dass die Spezialisten am Dhaka Medical College Hospital ihren Sohn noch durchbringen werden.
Beide Parteien weisen sich die Schuld an den Brandbomben zu
Das Teuflische ist: Es kann jeden treffen, überall, zu jeder Zeit. Denn die Täter scheinen wahllos zuzuschlagen. Wer immer sich hinauswagt auf die Straße, riskiert in diesen Tagen, Opfer eines Brandanschlags zu werden. Weit mehr als tausend Menschen wurden durch Benzinbomben bereits verletzt. Mindestens 65 sind bei den Attacken schon gestorben. Die Menschen sind einer perversen Lotterie der Gewalt ausgesetzt. Der Alltag geht weiter, aber eine diffuse Angst hat sich in den Köpfen eingenistet, weil niemand sicher ist.
Die Brandbomben fliegen in einer Zeit, in der das Oppositionslager versucht, die Regierung durch Straßenblockaden und Generalstreiks zu Neuwahlen zu zwingen. Das hat wenig Aussicht auf Erfolg, denn Premierministerin Sheikh Hasina greift, wie auch früher schon, mit aller Härte durch. Sie lässt Oppositionelle und Aktivisten verhaften, bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sterben immer wieder Menschen. Zur brutalen Gewalt der Benzinbomber aber bekennt sich niemand. Stattdessen schieben sich die beiden Parteien, die Bangladesch seit Jahrzehnten im Wechsel beherrschen, die Schuld gegenseitig zu.
Oppositionsführerin Khaleda Zia, 69, wirft der Premierministerin Sheikh Hasina vor, die jüngste Welle der Gewalt im Land angefacht zu haben.
(Foto: Munir Uz Zaman/AFP)