Urteil:Bewährungsstrafen im Ballstädt-Prozess

Ein Angeklagter nimmt mit Fußfesseln am Ballstädt-Prozess in Erfurt teil. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Täter aus der rechtsextremen Szene hatten in dem Ort in Thüringen eine Kirmesgesellschaft überfallen. Dem Urteil ging ein Deal der Staatsanwaltschaft mit den Angeklagten voraus.

Mehr als sieben Jahre ist der Überfall auf eine Kirmesgesellschaft im thüringischen Ballstädt (Kreis Gotha) nun her. An diesem Montag hat das Landgericht Erfurt Bewährungsstrafen gegen die Täter verhängt. Sieben Angeklagte erhielten Gefängnisstrafen in Höhe von einem Jahr, zwei weitere Angeklagte in Höhe von einem Jahr und zehn Monaten - alle ausgesetzt zur Bewährung. Dem Urteil waren auf Anregung der Staatsanwaltschaft Absprachen mit den Angeklagten vorausgegangen, denen im Gegenzug für ihre Geständnisse vom Gericht Bewährungsstrafen in Aussicht gestellt worden waren.

Eine Gruppe von 16 Vermummten hatte am frühen Morgen des 9. Februar 2014 die Kirmesgesellschaft in Ballstädt überfallen und dabei 20 Menschen verletzt, einige von ihnen schwer. Dem Angriff war das Einwerfen einer Scheibe im sogenannten Gelben Haus, einer bekannten Neonazi-Immobilie im Ort, vorausgegangen. Obwohl alle neun Verurteilten zumindest zur Tatzeit der rechtsextremen Szene angehörten, schloss das Gericht einen politischen Hintergrund aus und wertete den Überfall als Racheakt.

Das Gericht musste bereits zum zweiten Mal über die Tat entscheiden. Erste Urteile vom Mai 2017 hatte der Bundesgerichtshof im Januar 2020 kassiert und eine Wiederaufnahme des Prozesses angeordnet. Gegen die Hauptangeklagten waren im ersten Verfahren Gefängnisstrafen von drei Jahren und sechs Monaten verhängt worden. Der zweite Prozess wurde durch Streitigkeiten mit der Nebenklage bestimmt. Die Opferanwälte stellten Befangenheitsanträge und verzichteten auf Abschlussplädoyers. In einer Erklärung nannten sie das Verfahren eine Farce.

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