Bad Aibling:Der Verantwortliche

Warum die Haftstrafe im Zugunglück-Prozess geboten war.

Von Annette RamelsbergeR

Ein tragischer Unfall, so wird das genannt, was am 9. Februar in Bad Aibling passierte: Zwei Züge stießen zusammen, zwölf Menschen starben. Doch tragisch ist das falsche Wort dafür. Man könnte meinen, dass dieser Unfall unausweichlich, vorherbestimmt, Fügung war. Aber das war er nicht. Er hätte bis zum Schluss verhindert werden können, wenn der zuständige Fahrdienstleiter seinen Job getan hätte. Das hat er aber nicht. Er hat sich die Zeit im Dienst mit einem Handyspiel vertrieben, er war so versunken, dass er Fehler machte.

Das ist nicht tragisch, das ist fahrlässig, und das war nicht nur am Tag des Unglücks so. Wie die Auswertung des Handys ergab, hat der Fahrdienstleiter von Bad Aibling das Leben seiner Fahrgäste über Wochen aufs Spiel gesetzt.

Natürlich leidet er nun unter seiner Schuld, den Folgen seines Tuns, auch unter der Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft. Man muss diesen Mann nicht verdammen - aber ihn nur als Opfer zu sehen, das verkehrt die Verhältnisse und verwischt die Verantwortung: Er ist nicht in erster Linie Opfer, er ist für die Opfer verantwortlich. Von jedem Piloten, von jedem Aufseher im Kraftwerk, von jeder Krankenschwester wird verlangt, dass sie ihren Dienst aufmerksam und pflichtgetreu versehen. Nur so funktioniert das Gemeinwesen. Diese hohe Verantwortung jedes Einzelnen hat das Gericht mit der Haftstrafe unterstrichen.

© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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