Autoindustrie:Trumps Jobverluste

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Die Entlassungen bei GM schaden dem Image des Präsidenten massiv. Er hat von Wirtschaft keine Ahnung.

Von Claus Hulverscheidt

In Donald Trumps Welt passieren oft Dinge, die andernorts nicht möglich wären. Da wird mal ein Auge zugedrückt, wenn ein arabischer Herrscher einen Regimegegner umbringen lässt, und schon senkt der dankbare Despot den Ölpreis. Oder man verteilt Steuergeschenke an die Wirtschaft, die im Gegenzug Jobs schafft, mit denen man sich als Präsident dann brüsten kann. Dass ein Konzern wie der Autobauer General Motors (GM) jedoch ankündigt, Tausende Stellen abzubauen, ist in dieser so simplen Gedankenwelt nicht vorgesehen. Kein Wunder, dass Trump schäumt.

Der Präsident beharrt darauf, der GM-Plan habe nichts mit jenen Zöllen zu tun, die er der Welt aufgezwungen hat, doch das ist Unfug: Allein die Abgaben auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium treiben die Rohstoffkosten bei General Motors in diesem Jahr um rund eine Milliarde Dollar in die Höhe. Hinzu kommt, dass Trumps Konflikt mit China das Geschäft des Autobauers in der Volksrepublik behindert, Investoren verunsichert und die Weltkonjunktur belastet. Selbst wenn die Zölle nicht der Hauptgrund für die Stellenstreichungen sein sollten, sondern die Umbrüche innerhalb der Branche, so waren sie offenkundig der Anlass, den notwendigen Umbau des Unternehmens jetzt nicht weiter aufzuschieben.

Die Werksschließungen treffen das Image des Präsidenten im Kern, denn Leidtragende sind ausgerechnet jene Regionen, in denen die Menschen schon seit Jahrzehnten mit einer schrumpfenden Industrie klarkommen müssen. Viele von ihnen hatten bei der Wahl 2016 ihre Hoffnungen auf Trump und dessen vollmundige Versprechen gesetzt. Dass der Präsident sie nun enttäuscht, ist seine eigene Schuld: Er hat seit seinem Amtsantritt keine Gelegenheit ausgelassen, jeden zusätzlichen Arbeitsplatz als sein Verdienst zu feiern. Entsprechend werden ihm nun auch Jobverluste angekreidet.

Bleibt die Frage, ob es nicht zynisch ist, wenn ein profitabler, erst vor einigen Jahren mit Steuergeld vor der Pleite geretteter Konzern Tausende Stellen abbaut. Die Empörung ist nachvollziehbar, im Grunde aber tut GM-Chefin Mary Barra das, was man von einer Vorstandsvorsitzenden erwarten darf: Sie sorgt in guten Zeiten für schlechte vor. Das ist vernünftig - gerade wenn die letzte Nahtoderfahrung nur ein Jahrzehnt zurückliegt und es um eine Branche geht, die vor den größten Umwälzungen ihrer Geschichte steht.

Die Wette, die Barra eingeht, ist allerdings riskant: Sie setzt alles auf die in den USA so beliebten Sportgeländewagen - in der Hoffnung, dass sie die Dickschiffe mit Elektro- statt mit Verbrennungsmotor wird anbieten können, wenn der Benzinpreis einmal wieder in die Höhe schnellt. Sollte dieser Preisanstieg früher kommen als erwartet, könnten Amerikas Autokonzerne rasch vor dem Aus stehen.

Das Gleiche gilt für Trump, der Milliarden ins marode Bildungssystem des Landes investieren müsste, um die Arbeiter fit für die Nach-Öl-Ära zu machen. Stattdessen belässt er es dabei, sich für den billigen Sprit zu loben. Wie so oft versteht der Präsident die Zusammenhänge nicht: Öl und Benzin sind nicht deshalb günstig, weil er mit arabischen Potentaten kuschelt, sondern weil viele Anleger einen Absturz der Weltkonjunktur befürchten. Sollte dieser Absturz Realität werden, könnte der Protektionist Donald Trump tatsächlich einmal zu Recht die politische Urheberschaft für sich reklamieren.

© SZ vom 28.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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