Finanzen:Steuerverschwendung im Norden kritisiert

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Fahrräder stehen an einer Abstellstation neben einem Aufzug zum Tunnel durch den Nord-Ostsee-Kanal. (Foto: Frank Molter/dpa)

Millionen für die Fenster des Landtags, eine Fahrradabstellanlage mit wenig Nutzen - das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler zählt zehn Beispiele in Schleswig-Holstein auf. Das größte Risiko für die Finanzen sieht der Verband aber bei der Landesregierung.

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Kiel (dpa/lno) - Muss die Sanierung der Landtagsfenster rund drei Millionen Euro kosten? Brauchen die Seebäder Scharbeutz und Haffkrug jeweils eine eigene neue Seebrücke? Der Bund der Steuerzahler (BdSt) in Schleswig-Holstein findet das nicht und kritisierte am Dienstag zehn Projekte, bei denen aus Sicht des Vereins Steuergeld verschwendet wurde oder wird.

Scharf kritisierte der schleswig-holsteinische BdSt-Präsident Aloys Altmann die Ausweitung des Stellenplans durch die schwarz-grüne Landesregierung. 1600 neue Personalstellen angesichts einer sich abzeichnenden Haushaltskrise würden für die Steuerzahler richtig teuer.

Zu den kritisierten Projekten gehören die beiden neuen und nur etwa 2,5 Kilometer auseinanderliegenden Seebrücken in Scharbeutz und Haffkrug für fast 40 Millionen Euro. Wegen Kostensteigerungen habe das Land seine Förderung auf mehr als 32 Millionen Euro verdoppeln müssen. Aus Altmanns Sicht müssen Pläne abgespeckt oder Prioritäten gesetzt werden, wenn Kosten steigen. Eine neue Seebrücke hätte daher nach Auffassung des Vereins gereicht.

Das Wirtschaftsministerium reagierte mit dem Hinweis, dass die Projekte in eine Zeit der extremen Baukostensteigerungen fielen. „Dafür konnte die Gemeinde Scharbeutz nichts. Und wir wollten die Gemeinden nicht im Regen stehen lassen und haben uns deshalb an der Finanzierung beteiligt“, sagte Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU). Ein Abspecken der Pläne sei nicht in Frage gekommen. Zum einen seien durch den Abriss der alten Seebrücken bereits Fakten geschaffen gewesen. „Zum anderen gehören Seebrücken zu den wichtigsten, weil attraktivsten touristischen Infrastrukturen an der Ostsee. Sie einfach wegzulassen, ist keine vernünftige Option.“

An der Strandpromenade von Heikendorf wurde für 560.000 Euro ein Holzdeck mit Aussichtspunkt gebaut, der aus Sicht des Bunds der Steuerzahler keinen Nutzen hat. Die Aussicht von dem Holzdeck sei nicht anders als von der Strandpromenade.

Die Stadt Rendsburg hat eine Anlage zum Abstellen von Fahrrädern auf der Südseite des Nord-Ostsee-Kanals gebaut, die kaum genutzt werde. Der Grund: Die Menschen können ihre Räder durch einen Tunnel mit in die Stadt nehmen. „Immerhin 175.000 Euro wurden dafür bezahlt, obwohl es keinen Grund gibt, hier sein Fahrrad abzustellen“, so der BdSt.

Die Anlage wurde nach Angaben eines Stadtsprechers entwickelt, um die Nutzung des Fahrrads im Alltag zu fördern. Besonders während größerer Veranstaltungen wie der Messe Norla werde der Abstellplatz verstärkt genutzt. Darüber nutzten ihn auch Pendler, wenn sie ihr Auto südlich des Kanals abstellen und anschließend mit dem Fahrrad durch den Fußgängertunnel in die Stadt fahren. Die Stadt ist überzeugt: Das Angebot schafft die Nachfrage.

Im Kieler Landeshaus wurden für rund drei Millionen Euro die Fenster saniert. Das sind nach Rechnung des BdSt rund 6000 Euro pro Fenster. Die Kosten seien entstanden, weil wegen Auflagen der Denkmalpflege nicht einfach neue eingebaut werden konnten. Wo es möglich war, mussten vorhandene Holzteile erhalten werden. Dazu der BdSt: „Denkmalschutz muss mit Augenmaß betrieben werden. Dabei müssen auch die Kosten berücksichtigt werden.“

In der genannten Summe sind nach Angaben des Landtags neben der denkmalgerechten Rekonstruktion der Fenster allerdings auch Kosten für Gerüstbau und Gerüstmiete, Sonnenschutzmaßnahmen, Baustellenabsicherung, Klempnerarbeiten zur Reparatur der Sohlbänke an den Fenstern sowie Kosten für Maurerarbeiten zur Sanierung der Fugen enthalten. Die Maßnahme sei auch eine energetische Sanierung und reduziere Heizkosten.

Kein Verständnis zeigte Altmann auch für ein Projekt im Multimar Wattforum in Tönning. Dort wurde eine Fischotteranlage für drei Tiere gebaut, die 9,2 Millionen Euro gekostet habe. „Der Steuerzahler muss für ein teures Prestigeobjekt aufkommen.“ Man habe bereits 2019 vor den Kosten des Projekts gewarnt. Altmann sprach von „absolutem Nonsens“. Die Anlage sei naturschutzpolitisch und fachlich nicht sinnvoll. Man hätte rechtzeitig die Notbremse ziehen können.

Mit Blick auf den Landeshaushalt warnte Altmann angesichts sinkender Steuereinnahmen vor großen Problemen. „Der Gürtel muss enger geschnallt werden.“ Nicht in dem Sinne, dass kaputtgespart werde. Man müsse aber mit neuen Strukturen und weniger Aufwand bessere Ergebnisse erzielen.

© dpa-infocom, dpa:231017-99-594374/5

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