Aufklärung des Euro-Hawk-Debakels:Seltsames Krisenmanagement im Hause de Maizière

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Im Verteidigungsministerium ist eine Investition in dreistelliger Millionenhöhe verbockt worden. Zentral mit dem Euro-Hawk-Projekt befasst war in den vergangenen Jahren jener Abteilungsleiter, den Thomas de Maizière nun die Aufarbeitung leiten lässt. Da kann man nur fragen: Geht's noch?

Ein Kommentar von Christoph Hickmann

Manche Bilder sollte man eigentlich nicht mehr benutzen, weil sie nicht nur abgegriffen sind, sondern durch übermäßigen Gebrauch viel von ihrer Aussagekraft eingebüßt haben. Manchmal aber springen einen diese Redewendungen dann doch wieder frontal an, und man kommt nicht um sie herum, weil es keine treffenderen gibt. Die Rede ist hier vom Bock, der zum Gärtner gemacht wird.

Man muss sich das mal vorstellen: Im Verteidigungsministerium ist im Wortsinn etwas verbockt worden; es geht beim Debakel um die Aufklärungsdrohne Euro Hawk mindestens um eine Fehlinvestition in dreistelliger Millionenhöhe. Und zentral mit dem Projekt befasst war in den vergangenen Jahren (schon richtig, neben anderen) jener Abteilungsleiter, der nun die Arbeitsgruppe Aufarbeitung leiten soll - oder, genauer: jene Arbeitsgruppe, von deren chronologischer Aufarbeitung des Debakels sich Minister Thomas de Maizière wohl eine Art Befreiungsschlag erhofft. Da kann man nur fragen: Geht's noch?

Es hilft da auch alles Räsonieren im Ministerium nichts, dass der Mann allein aufgrund seiner Position der Bestgeeignete für die Aufgabe sei - ebenso wenig wie die Frage, wer es denn sonst machen solle, etwa ein Externer? Es bleibt ein Bild, wie es verheerender nicht ausfallen könnte, ganz unabhängig davon, welches Ergebnis am Ende der hausinternen Aufklärung stehen wird: Die für das Debakel Verantwortlichen, das sagt dieses Bild aus, dürfen nun bis Mitte übernächster Woche ihre Version des Debakels ausarbeiten. Man mag sich gar nicht ausmalen, welche Reflexe das bei Soldaten auslöst, die sich beispielsweise angetrunken im Wachdienst haben erwischen lassen und wahrscheinlich auch ganz gern Herren des folgenden Verfahrens wären. Am Ende würde stehen: Alles eine Verkettung unglücklicher Umstände.

Es geht nicht nur um Pazifismus

Die Personalie reiht sich ein in das seltsame Krisenmanagement des Hauses de Maizière, doch sie berührt noch eine andere Ebene. Das Misstrauen, mit dem Rüstungsprojekten hierzulande generell begegnet wird, ist ja nicht nur das Ergebnis des bundesdeutschen Hangs zum Pazifismus. Es speist sich mindestens ebenso stark aus all den Skandalen, die es in diesem Gebiet über die Jahre und Jahrzehnte gegeben hat. Problematisch ist dabei nicht nur der Einfluss, den Rüstungsunternehmen und ihre Interessenvertreter immer wieder auf Kaufentscheidungen hatten (und haben) - sondern auch die Tatsache, dass sich das alles in einem Bereich abspielt, in dem Geheimhaltung allzu schnell zur Staatsräson erklärt wird. Es genügt meist die Floskel "deutsche Sicherheitsinteressen berührt".

Als Gegenmittel hilft nur Transparenz. Selbst manche Rüstungslobbyisten haben inzwischen eingesehen, dass sich etwa beim Thema Waffenexporte das Heimlichkeitsgewese zumindest in der jetzigen Form nicht länger durchhalten lässt. Und was macht das Ministerium, was macht Thomas de Maizière? Er macht einen zumindest des bocksmäßigen Handelns Verdächtigen zum Gärtner. Besser kann man es in diesem Fall nicht sagen.

© SZ vom 24.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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