Atomstreit mit Iran:Schärfere Sanktionen

Lesezeit: 3 min

Ahmadinedschad unter Druck: Die UN-Vetomächte haben ihre Reihen geschlossen und sich im Atomstreit auf härtere Strafen gegen Iran geeinigt.

Paul-Anton Krüger

Der Konter ließ nicht lange auf sich warten. Hatte am Montag Iran den Westen scheinbar überrumpelt und triumphal ein Atomabkommen mit Brasilien und der Türkei geschlossen, nutzte am Dienstag US-Außenministerin Hillary Clinton eine Anhörung des US-Senats zum Start-Vertrag mit Russland für den nächsten Paukenschlag im Atomstreit. "Wir haben in Zusammenarbeit mit Russland und mit China eine Einigung auf einen starken Entwurf erzielt", sagte sie und meinte damit: eine neue Sanktionsresolution gegen Iran. "Wir planen, noch heute den Entwurf dem gesamten UN-Sicherheitsrat zuzuleiten", fügte sie hinzu. Ausdrücklich dankte Clinton dann noch der Türkei und Brasilien für deren "aufrichtige Bemühungen", doch stellte sie klar: "Starke Sanktionen werden eine unzweideutige Botschaft darstellen, was wir von Iran erwarten."

"Ein starker Entwurf": US-Außenministerin Hillary Clinton glaubt an die neuen Sanktionen. (Foto: Foto: AP)

Diplomaten am Sitz der Vereinten Nationen in New York versichern, es habe noch am Montag eine letzte Abstimmung gegeben, nachdem der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad mit seinem brasilianischen Kollegen Luiz Inácio Lula da Silva und dem türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan in Teheran einen ,,Sieg der Diplomatie'' verkündet und Sanktionen für überflüssig erklärt hatten. Da waren sich die USA aber offenbar mit ihren europäischen Verbündeten ebenso wie mit den Veto-Mächten Russland und China schon einig, dass Irans Angebot nicht ausreicht, um ihre Sorgen auszuräumen. Diese gelten vor allem der andauernden Anreicherung und dem Verdacht, dass Teheran heimlich an Atomwaffen gearbeitet haben könnte. Die iranische Regierung hatte sich aber nur bereiterklärt, einen Teil ihres Urans in die Türkei zu bringen, sofern sie binnen eines Jahres dafür Brennstäbe für einen Forschungsreaktor in Teheran erhält. Die Anreicherung werde man trotzdem nicht aufgeben, hatte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast in Teheran trotzig verkündet .

China hatte das Nuklear-Abkommenam am Dienstag zwar begrüßt, jedoch neue UN-Sanktionen nicht ausgeschlossen. Das Außenministerium in Peking teilte mit, China "erkenne die diplomatischen Bemühungen an, die alle Seiten unternommen haben, um eine angemessene Lösung" zu finden. Ein Sprecher fügte hinzu, China hoffe, das Abkommen werde dazu beitragen, die "iranische Nuklearfrage friedlich durch Dialog und Verhandlungen" beizulegen. Damit aber wiederholte er nur eine Standardformulierung, die chinesische Diplomaten auch noch benutzt hatten, nachdem ihr Land in die Verhandlungen über neue UN-Sanktionen eingestiegen war.

Die USA hatten bereits in der Nacht zum Dienstag klargestellt, dass sie trotz der gemeinsamen Erklärung der drei Länder weiter Sanktionen anstreben. Offen dagegen ist nach wie vor, ob und unter welchen Bedingungen die USA und ihre europäischen Verbündeten auf den Kompromissvorschlag eingehen, den Brasilien und die Türkei vermittelt hatten. "Das Abkommen zwischen Iran, Brasilien und der Türkei ist irrelevant - es kommt darauf an, was Iran bei der IAEA abliefert", hieß es aus der Wiener Mission eines der beteiligten Länder mit Bezug auf die Internationale Atomenergiebehörde. Dieser Text, den Iran binnen sieben Tagen vorlegen will, könne von der Zehn-Punkte-Erklärung abweichen und womöglich nur technische Änderungsvorschläge zu einem Entwurf der IAEA für ein Abkommen zwischen Iran, den USA, Russland und Frankreich vom vergangenen Oktober enthalten. Solange aber die Details nicht bekannt seien, könne man darauf auch nicht reagieren.

Laut der Erklärung ist die Regierung in Teheran bereit, 1200 Kilo ihres leichtangereicherten Urans in die Türkei zu liefern, wenn sie dafür binnen eines Jahres 120 Kilo Brennstoff für einen Forschungsreaktor in Teheran erhält - ein Tausch, den die USA im Sommer vorgeschlagen hatten, um Zeit für Gespräche über das Atomprogramm zu gewinnen. Damit sollte Iran auf Monate hin das Ausgangsmaterial genommen werden, das für eine Atombombe nötig ist. Allerdings enthält die Erklärung einige Punkte, die westlichen Diplomaten als nicht akzeptabel gelten. So behält sich Iran vor, das Uran jederzeit zurückzufordern, sollten die "Bestimmungen der Erklärung" nicht respektiert werden. Demnach soll jede "konfrontative Handlung" vermieden werden, wozu Iran auch Sanktionsverhandlungen zählen könnte.

Wichtiger ist laut Diplomaten die Frage, ob Iran selbst weiter Uran anreichert. Brasilien und die Türkei gestehen Teheran dies in der Erklärung allem Anschein nach zu, obwohl geltende UN-Sanktionen von dem Land das Gegenteil verlangen. Iran habe mit der Anreicherung auf 20 Prozent unter dem Vorwand begonnen, der Westen weigere sich, die Brennelemente für den Teheraner Reaktor zu liefern, sagte ein Diplomat und fügte hinzu: "Das mindeste wäre, dass sie damit wieder aufhören, wenn es ein Abkommen geben soll." Iran hat allerdings nicht nur angekündigt, weiter anzureichern, sondern laut Diplomaten in Wien in Natans weitere 164 Zentrifugen zur Anreicherung auf 20 Prozent installiert und damit seine Kapazität verdoppelt.

Auch verwiesen Diplomaten darauf, der Zweck des ursprünglichen Angebots sei gewesen, Verhandlungen über das iranische Atomprogramm zu ermöglichen. Seit dem Auftakt in Genf, bei dem im Oktober der Uran-Tausch vereinbart wurde, habe Iran Gespräche verweigert. Das Regime nehme die Position ein, nur mit der IAEA über sein Atomprogramm zu verhandeln. "Bei der IAEA aber verweigert Iran jegliche Aufklärung der offenen Frage zu möglichen militärischen Dimensionen seines Atomprogramms", sagte ein Vertreter eines westlichen Landes . "Glauben Sie ernsthaft, dass wir so einer Lösung näherkommen?", fragte er.

© SZ vom 19.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: