Zwei Wochen nach dem Durchbruch von Genf will Teheran in der ersten Bewährungsprobe für das Übergangsabkommen im Atomstreit einen Erfolg. Internationale Experten inspizierten am Sonntag die Atomfabrik in Arak, wo die Islamische Republik auch an einem Plutoniumreaktor baut.
Um den Gegnern der neuen iranischen Führung möglichst wenig Angriffsfläche für Proteste zu bieten, traf das Team der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) schon zu nächtlicher Stunde ein.
Am Samstag hatte Präsident Hassan Ruhani Kritik an der Atompolitik seines Vorgängers bekräftigt. Die Wirtschaft des Landes dürfe nicht für das Atomprogramm geopfert werden, sagte er. "Unser Grundsatz ist, dass die Zentrifugen zwar laufen, aber gleichzeitig auch die Wirtschaft und das Leben der Menschen laufen müssen." Er verteidigte das Übergangsabkommen - für das Teheran Teile seines Atomprogramms auf Eis legen muss - als ersten Schritt, um sowohl die wirtschaftlichen Probleme als auch das Prestige des Landes zu verbessern.
Technische und politische Treffen
Der Atomstreit hat Iran wirtschaftlich ruiniert, besonders in den vergangenen acht Jahren. Auch wenn es nun für sechs Monate schrittweise Erleichterungen für das von den Sanktionen schwer getroffene Land gibt, wird die wirtschaftliche Erholung lange dauern.
In einer schnellen Abfolge technischer und politischer Treffen soll nun die auf sechs Monate angesetzte Übergangszeit genutzt werden, um zu einer dauerhaften Lösung zu kommen. In dem Übergangsabkommen hat sich Iran verpflichtet, den Schwerwasser-Forschungsreaktor in Arak nicht betriebsbereit zu machen. In der Anlage würde Plutonium anfallen, das Iran einen zweiten Weg zum Bau von Atombomben ermöglichen könnte.
Schon am Montag wollen sich in Wien Experten der 5+1-Gruppe (USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China sowie Deutschland) und Irans treffen. Eine Gemeinsame Kommission soll die technische Umsetzung erweiterter Kontrollen in den nächsten sechs Monaten besprechen. Dazu gehören auch tägliche Inspektionen in den Uran-Anreicherungsanlagen Natans und Fordo. Auch Erleichterungen bei den Sanktionen werden diskutiert. Ein weiteres Treffen zwischen Vertretern der IAEA und Irans findet am Mittwoch in Wien statt, wo weitere Überwachungsschritte vorbereitet werden sollen.
Zurückhaltender Obama
Der russische Außenminister Sergej Lawrow kommt nächste Woche nach Teheran, um den Fortgang des in Genf erzielten Abkommens zu besprechen. Kritiker der Genfer Einigung - vor allem in Israel - werfen den internationalen Unterhändlern weiter Blauäugigkeit in den Verhandlungen mit Iran vor.
Der iranische Vizeaußenminister Abbas Araghchi bezeichnet die Genfer Übereinkunft als fragil. Ziel sei es aber, eine Situation zu schaffen, in der beide Verhandlungsseiten nur gewinnen können, sagt Araghchi. Westliche Experten weisen darauf hin, dass es nun vor allem um die Details einer endgültigen Lösung gehe. Denn für diese müsse Iran eine weitergehende strategische Kurskorrektur abverlangt werden, bei der ein Rückbau von Atomanlagen verlangt werden könne.
Die Aussichten für eine dauerhafte Lösung bewertete US-Präsident Barack Obama am Wochenende allerdings überraschend zurückhaltend. Er schätze die Chancen auf "nicht mehr als 50:50 ein", sagte er bei einer Diskussionsveranstaltung zur Nahostpolitik in Washington. Man dürfe aber nicht naiv sein. Die USA gäben auch keine Option aus der Hand, betonte Obama mit Blick auf militärische Optionen.