In einer bislang einmaligen Aktion hat die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) die Benutzung von 44 Castorbehältern untersagt. Teile der Behälter seien nicht ordnungsgemäß geprüft worden, heißt es in einem Schreiben der BAM an die Essener Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die GNS baut die Castoren im Auftrag der deutschen Kernkraft-Betreiber.
Bei den Castoren handelt es sich um jene Behälter, die abgebrannte Brennelemente direkt bei den Atomkraftwerken aufbewahren sollen. Wegen der raschen Abschaltung acht älterer Meiler nach dem Unglück in Fukushima war die Nachfrage nach Castoren zuletzt stark gestiegen. Noch im Mai hatte die GNS angekündigt, die Produktion von bislang 50 auf 80 Behälter vom Typ V/19 im Jahr aufzustocken. Offenbar kam dabei die Qualitätskontrolle der Behälter nicht mit.
Das jedenfalls legt der Befund der Materialprüfer des Bundes nahe. Gemeinsam mit der GNS kontrollierten sie, ob der verwendete Stahl tatsächlich den Vorgaben entsprach - und haben nun zumindest bei den sogenannten Tragzapfen Bedenken. Jeder Castor hat vier davon, sie dienen gewissermaßen als Haken für den Transport. Der Edelstahl, aus dem die Tragzapfen gefertigt werden, muss aber vorher per Ultraschall auf Unregelmäßigkeiten überprüft werden. Das soll verhindern, dass die Aufhängungen der tonnenschweren Castoren beim Verladen brechen.
Das Problem: Einige Behälter sind schon beladen
Offenbar fand diese Prüfung aber bei Zapfen der Völklinger Saarschmiede nicht wie vorgeschrieben statt. Ihre sichere Funktionsweise sei "derzeit von der BAM nicht bestätigbar", heißt es in dem Schreiben der Bundesanstalt. Die entsprechenden Behälter seien "für eine Handhabung zu sperren".
Das wiederum ist so einfach nicht, denn vier der 44 Behälter stehen nach SZ-Informationen schon fertig beladen im Zwischenlager des niedersächsischen Kernkraftwerks Unterweser. Die GNS will deshalb nun zunächst an den übrigen Castoren die Tragzapfen austauschen, in einer Art Rückrufaktion für Atommüllbehälter. Die Befestigungen sind mit Schrauben angebracht, lassen sich also relativ leicht montieren. Bei bereits beladenen Behältern solle dies allerdings erst dann geschehen, wenn sie das nächste Mal bewegt werden, heißt es bei der Essener Firma - vor dem Transport in ein noch zu suchendes Endlager. Das kann dauern. Ohnehin hätten alle Behälter eine "Überlastprüfung" bestanden, und auch ansonsten seien sie sicher. "Es gibt null Erkenntnisse, dass irgendwas an dem Material nicht stimmt", sagt ein GNS-Sprecher.
Im Bundesumweltministerium, das für die Reaktorsicherheit zuständig ist, sieht man die Dinge allerdings weniger entspannt. "Dass Qualitätsvorschriften für Castorbehälter nicht eingehalten werden", so heißt es dort, "ist schlicht nicht akzeptabel."