Asylpolitik:"Eines der schwierigsten Ämter in Deutschland"

Lesezeit: 2 min

Frank-Jürgen Weise, der Chef der Arbeitsagentur, übernimmt auch die Asylbehörde. Immer mehr Flüchtlinge erreichen jetzt Kroatien.

Von Jan Bielicki, München

Nur einen Tag nach dem Rücktritt seines bisherigen Chefs Manfred Schmidt hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen neuen Präsidenten: Frank-Jürgen Weise wird das zuletzt unter starker Kritik stehende Amt übernehmen - und gleichzeitig weiter an der Spitze der Bundesagentur für Arbeit stehen. Weise werde beide Behörden in Personalunion leiten, teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Berlin mit.

Der 63-jährige frühere Offizier und Unternehmensvorstand war erst vor ein paar Tagen zum Leiter eines Arbeitsstabes berufen worden, der die Zusammenarbeit von Bundesamt und Bundesagentur koordinieren sollte. Nun übernimmt er selbst "eines der schwierigsten Ämter, die die Bundesrepublik Deutschland zu vergeben hat", wie de Maizière sagte. Weises Vorgänger Schmidt hatte es tags zuvor "aus persönlichen Gründen" abgegeben. Das Bundesamt war zuletzt von den Ministerpräsidenten der Bundesländer harsch kritisiert worden. Vor allem die lange viel zu niedrigen Prognosen der Flüchtlingszahlen und die nach wie vor lange Dauer der Asylverfahren stoßen in den Landesregierungen auf zunehmenden Unmut.

Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen hat SPD-Chef Sigmar Gabriel vor einer Überforderung Deutschlands gewarnt. Deutschland könne "vielen Menschen eine neue Heimat bieten, aber nicht allen", sagte der Vizekanzler der Tageszeitung Bild. Wer aus Ländern komme, in denen es weder Krieg noch Verfolgung gebe, "muss unser Land wieder verlassen". Zehntausende Flüchtlinge versuchen weiter, über die sogenannte Balkanroute nach Mitteleuropa zu gelangen - und sehen sich angesichts der Abschottungspolitik etlicher Transitländer zusehends hin und her geschoben. An den Grenzen der Transitländer herrschten am Freitag mancherorts chaotische Zustände. Allein über die Grenze von Serbien nach Kroatien kamen in den vergangenen Tagen nach Angaben der kroatischen Polizei 17 000 Migranten - viele zu Fuß über Feldwege, nachdem die Behörden sieben der acht Grenzübergänge zu Serbien in der Nacht zu Freitag geschlossen hatten. Viele von ihnen wurden in Bussen nach Norden zur Grenze nach Ungarn gefahren. Etwa 8000 Flüchtlinge kamen am Freitag in der kroatischen Kleinstadt Beli Manastir zusammen. Ungarn ließ an der nahen Grenze Soldaten aufmarschieren und auch hier den Bau eines Grenzzauns beginnen. Dennoch kamen am Freitag mehr als 4000 Flüchtlinge ins Land, wie die ungarische Regierung mitteilte. Kroatiens Ministerpräsident Zoran Milanović hatte angekündigt, die Flüchtlinge nach Norden weiterreisen zu lassen. Slowenien setzte am Freitag den Bahnverkehr mit Kroatien aus, nachdem ein Zug mit Hunderten Flüchtlingen angekommen war. Regierungschef Miro Cerar hatte zunächst gesagt, sein Land werde keinen durchlassen, der die Bedingungen des Schengen-Raumes nicht erfülle. Am Freitagabend sagte Cerar allerdings, die Regierung erwäge die Einrichtung eines Korridors. Man werde sich dazu mit den betroffenen Ländern besprechen. Österreich behält sich nach Angaben des Innenministeriums vor, aus Ungarn kommende Flüchtlinge an der Grenze abzuweisen, sollten sie nicht vorhaben, Asyl zu beantragen.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: