Assad warnt den Westen:Gefährliche Propaganda aus Syrien

Syriens Präsident Baschar al-Assad warnt den Westen davor, sich einzumischen und schürt dazu die Angst vor einer Spaltung des Landes. Doch Assad könnte Opfer seiner eigenen Propaganda werden.

Sonja Zekri

Syriens Präsident Baschar al-Assad droht dem Westen mit einem Erdbeben, mit einem zweiten Afghanistan. Er hofft, sich so einen militärischen Einmarsch vom Hals zu halten. Beim Treffen mit einem britischen Journalisten zeigt sich Assad jüngst zuversichtlich und gelöst. Syrien, sagt er, sei nicht Ägypten und nicht Libyen, und dem ist kaum zu widersprechen. Aber in einem anderen Sinn, als dies der Herrscher meint: Syriens Minderheiten korrespondieren mit ethnischen und religiösen Gruppen in den Nachbarländern, und das macht die Lage noch gefährlicher.

Israel war Syrien stets ein rhetorisch aggressiver, aber politisch stabiler Nachbar - manche seiner Gegner werfen Assad vor, dass er das eigene Volk beschießen lässt, aber dem Erzfeind Israel die Golanhöhen überlässt. Zerfällt Syrien, würde dies die Region erschüttern, warnt Assad, und auch darin ist ihm kaum zu widersprechen. Der Westen scheut vor einem militärischen Eingreifen zurück, weil dessen Folgen nicht zu kontrollieren seien. Je deutlicher allerdings der Aufstand in eine bewaffnete Auseinandersetzung hinüberzugleiten droht, desto unkontrollierbarer sind die Folgen auch ohne einen Waffengang.

Assad und sein Clan haben die Angst vor einer konfessionellen Spaltung und einem Zerfall Syriens geschürt - im drastischsten Fall könnten sie Opfer ihrer eigenen Propaganda werden. Der Westen müsste eingreifen - nicht um Syrien zu spalten, sondern um Schlimmeres zu verhindern. Das alles sind heute Gedankenspiele, aber das müssen sie nicht bleiben. Tausende schwören Assad Treue, viele möglicherweise ehrlich überzeugt. Für die Zukunft Syriens bedeutet dies jedoch erst recht neuen Konfliktstoff.

© SZ vom 31.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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