Antisemitismus:Streit um den Schutz

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Nach dem Attentat in Halle weist der Innenminister von Sachsen-Anhalt den Vorwurf zurück, man habe es abgelehnt, Veranstaltungen der jüdischen Gemeinde zu bewachen.

Von Boris Herrmann und Jens Schneider, Berlin

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat erklärt, dass die jüdische Gemeinde in Halle stets den von ihr erbetenen Schutz erhalten habe. "Entgegen anderslautenden Berichten haben weder das Ministerium für Inneres noch die Polizei in Halle zurückliegend Bitten der jüdischen Gemeinde um Schutz bei Gebeten und Veranstaltungen abgelehnt", erklärte der Minister. Man wolle sich in Zukunft mit der Gemeinde noch intensiver abstimmen. Die Gemeinde hatte beklagt, dass ihr in der Vergangenheit Schutz versagt worden sei.

Stahlknecht informierte am Montag in Magdeburg über den Polizeieinsatz beim Angriff auf die Synagoge in Halle. Bei dem Anschlag hatte ein 27-Jähriger Rechtsextremist schwer bewaffnet versucht, während eines Gottesdienstes in die Synagoge einzudringen. Als das scheiterte, erschoss er vor der Tür eine Passantin und einen Mann in einem nahen Dönerladen. Wie am Montag bei einer Sondersitzung des Innenausschusses bekannt wurde, verlor die Polizei den Täter bei seiner anschließenden Flucht für gut eine Stunde aus den Augen. Er wurde erst außerhalb von Halle festgenommen. Man müsse für die Zukunft klären, wie in einer solchen Lage der Fahndungsring schneller geschlossen werden könne, sagte der SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben der Süddeutschen Zeitung nach der Sitzung. Zudem halte er für erforderlich, "dass es deutschlandweit einheitliche Kriterien für den Schutz jüdischer Einrichtungen gibt", sagte Erben.

Die Union will Polizei und Verfassungsschutz mehr Rechte geben

Der CDU-Bundesvorstand hat am Montag in einem Maßnahmenpaket gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus unter anderem einen besseren Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland gefordert. Er spricht sich zudem für Verschärfungen des Waffenrechts und des Netzwerkdurchsuchungsgesetzes aus. Polizei und Verfassungsschutz bräuchten Instrumente, die "auf der Höhe der Zeit" seien. Die Sicherheitsbehörden müssten so ausgestattet werden, "dass sie ihre Arbeit machen können", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Dies sei aber nicht als Kritik am CSU-geführten Bundesinnenministerium gemeint.

Abgesehen von der Forderung nach einem "strikten Verbot" der Verbreitung von Bauanleitungen für Waffen ist es nicht einfach, in dem Maßnahmenpaket konkrete Maßnahmen zu finden. Bei ihrer geplanten Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung will die CDU künftig die "Chancen der Digitalisierung" nutzen, für besonders schwere Fälle von Verleumdungen im Netz soll eine Einordnung als Verbrechenstatbestand "geprüft" werden. Bei der Ursachenforschung für rechtsextremistischen Terror ist die CDU dagegen über die Prüfphase hinaus. "Die AfD sät ein Klima des Hasses gegen andere", sagte Ziemiak.

© SZ vom 15.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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