Jeden Montag gehen die Rechtsextremen spazieren. In Schwerin, in Stralsund - immer abwechselnd. Sie nennen sich Mvgida, als gebe es auch hier eine neue Bewegung: Besorgte Bürger, die vor der Islamisierung des Abendlandes zittern. Doch Mvgida ist eine Mogelpackung. Hier marschiert die NPD gemeinsam mit gewaltbereiten Neonazigruppen (ausführlicher Bericht). Und die gehören schon seit den neunziger Jahren zu Mecklenburg-Vorpommern (mehr dazu hier).
Auf der anderen Seite die Gegendemonstranten - darunter Monchi. Er ist Sänger von Feine Sahne Fischfilet. Die Band bespielte vor wenigen Jahren noch die Jugendclubs in Mecklenburg-Vorpommern. Derzeit ist sie auf ihrer ersten großen Deutschlandtour, viele Konzerte sind ausverkauft. Im Sommer spielen sie bei Rock am Ring. Der Titel des neuen Albums heißt "Bleiben oder Gehen". Die sechs jungen Männer hätten einigen Grund abzuhauen. Der Verfassungsschutz von Mecklenburg-Vorpommern scheint sich mehr für sie zu interessieren als für die Rechtsextremen im Land. Die wiederum hassen Feine Sahne Fischfilet. In Monchis Auto steckte schon mal eine Axt.
Nazis auf dem Schulhof
Er sieht aus wie jemand, der sich nicht so schnell einschüchtern lässt. Ein 1,80 Meter großer Brocken. "Antifapunk" steht auf seinem T-Shirt. Halb sitzend, halb liegend lümmelt Monchi in kurzer Hose auf einer Couch im Backstagebereich eines Augsburger Clubs. Es ist die zweite Station der Tour. Monchi erzählt die Entstehungsgeschichte der Band. Sie sagt viel darüber aus, was es bedeutet, als junger Mensch in Mecklenburg-Vorpommern aufzuwachsen.
Die Bandmitglieder von Feine Sahne Fischfilet kennen sich seit Jahren, sie gingen gemeinsam in der Kleinstadt Demmin zur Schule. "Auf dem Pausenhof standen Neonazis und haben CDs verteilt", sagt Monchi. Bis heute marschieren am 8. Mai Rechtsextreme mit Fackeln durch die Kleinstadt.
2006 zieht die NPD in den Schweriner Landtag ein. Ein Jahr später entsteht Feine Sahne Fischfilet. Sie machen Schrammelpunk, proben in den Räumen der christlichen Gemeinde. "Dort, wo Neonazis keinen Zutritt hatten", sagt Monchi. Auf dem ersten Album sind noch Lieder mit sexistischen Zeilen zu hören. Die Band spielt sie heute nicht mehr. "Wir waren damals richtige Bauern."
In der Anfangsphase von Feine Sahne Fischfilet kommen auch Rechtsextreme zu den Konzerten. Die Band will sie nicht dabei haben. Damit beginnen die Probleme. Konzertbesucher werden auf dem Heimweg angegriffen und verprügelt. Bei Auftritten in der Heimat raten Feine Sahne Fischfilet ihren Fans, nur in Gruppen nach Hause zu gehen. Die Band ist zum personifizierten politischen Statement geworden. "Wer unser Logo trägt, kriegt auf die Fresse", sagt Monchi. Für die Rechtsextremen gebe es keinen Unterschied mehr, ob jemand ein Shirt von der Antifa trage oder eines von Feine Sahne Fischfilet.
Ihre Heimat ist die nordostdeutsche Provinz geblieben."In Hamburg lässt sich leicht die Antifa-Fahne schwenken - doch bei uns kriegst du aufs Maul, wenn du dich den Nazis in den Weg stellst", sagt Monchi.
Viel Feine Sahne Fischfilet - wenig NSU
Die Band setzt sich aktiv gegen rechts ein, spielt bei Veranstaltungen der Antifa. Die Veröffentlichung ihres zweiten Albums feiern sie mit einem antifaschistischen Aktionstag. Neben Musik gibt es auch Vorträge über die rechtsextreme Szene in Mecklenburg-Vorpommern. Konzerte werden mit dem Logo "Good night white pride" beworben. All das steht im Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern von 2011. Auch, dass sie auf ihrer Internetseite eine Anleitung für den Bau eines Molotowcocktails veröffentlicht hätten. Nach Aussagen der Band handelt es sich lediglich um ein Satire-Plakat mit dem Titel "Club Molli" in Anlehnung an das Getränk Club-Mate (mehr dazu hier).
Anfangs versuchen Feine Sahne Fischfilet die Überwachung mit Humor zu nehmen. Sie übergeben einen Präsentkorb an den Pressesprecher des Innenministeriums. Als Dankeschön für die kostenlose Werbung - denn Feine Sahne Fischfilet sind nun auch Thema außerhalb Deutschlands. Für Irritation sorgt vor allem, dass der Band in dem Bericht mehr Platz eingeräumt wird als dem NSU. Der ist nur Thema im Vorwort, obwohl es auch in Mecklenburg-Vorpommern ein Todesopfer gab.
Drei Jahre hintereinander wird die Band im Verfassungsschutzbericht genannt - zuletzt wegen den Zeilen des Liedes "Staatsgewalt." Dort heißt es:
"Die Bullenhelme - sie sollen fliegen. Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein."
Wirklich distanziert hat sich die Band bis heute nicht von diesen Zeilen. Gleichzeitig spielt sie das Lied eigenen Angaben zufolge seit Jahren nicht mehr. Der Text sei zu platt.