Amtsenthebung:Die Mehrheit entscheidet

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Die ersten Schritte für ein Impeachment-Verfahren sind eingeleitet: Ein Demonstrant in Houston fordert die Amtsenthebung von Präsident Donald Trump. (Foto: Robyn Beck/AFP)

Erst Ermittlungen und Anklage im Repräsentanten­haus, dann die Verhandlung im Senat: So funktioniert das Impeachment-Verfahren.

Von Leila Al-Serori und Reymer Klüver

Die US-Demokraten haben am Dienstag erste Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump angekündigt. Was bedeutet das? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist ein Impeachment?

Das Impeachment ist ein in der US-Verfassung verankerter Weg, um Präsidenten, Regierungsmitglieder oder auch Richter vorzeitig des Amtes zu entheben. Das Verfahren folgt genauen Regeln. Es ist an ein Gerichtsverfahren angelehnt, aber ein durch und durch politisches Verfahren.

Wie läuft ein Impeachment-Verfahren konkret ab?

Jedes Mitglied des Repräsentantenhauses kann ein Amtsenthebungsverfahren beantragen. Das ist schon häufig vorgekommen, auch während Trumps Amtszeit. Bisher sind diese Anträge aber stets zur Beratung an die Ausschüsse gegangen und nie wieder aufgetaucht. Das wird sich nun nach der Ankündigung der Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, ändern. Jetzt dürfte der Justizausschuss Ermittlungen aufnehmen. Sollte er Punkte finden, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump rechtfertigen, wird er die Anklage des Präsidenten empfehlen. Darüber müsste dann das gesamte Repräsentantenhaus abstimmen. Das Impeachment kann dann bereits mit einfacher Mehrheit in Gang gesetzt werden. Anschließend übernimmt die zweite Kammer, der Senat. Dort treten die Vertreter des Repräsentantenhauses als Ankläger auf, die 100 Senatoren sind dagegen die Richter. Es gibt eine Art Beweisaufnahme, Anhörungen und Befragungen - fast wie in einem Prozess. Das kann Monate dauern. Am Ende entscheidet der Senat über die Schuld des Angeklagten und fällt das Urteil - per Mehrheitsbeschluss. Für eine Amtsenthebung müssten zwei Drittel der anwesenden Senatoren stimmen.

Wie sehen die Mehrheitsverhältnisse im Kongress aus?

Im Repräsentantenhaus haben die Demokraten eine komfortable Mehrheit, den Senat dominieren die Republikaner mit sechs Stimmen Vorsprung. Wenn sich die Vorwürfe gegen Trump erhärten lassen, dürfte eine Mehrheit für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens im Repräsentantenhaus wohl sicher sein. Für die Entfernung Trumps aus dem Amt hingegen müssten, wenn alle Senatoren da sind, außer den 47 demokratischen und unabhängigen Senatoren noch 20 Republikaner stimmen - nach jetzigem Ermessen ein Ding der Unmöglichkeit.

Was rechtfertigt überhaupt ein Impeachment?

Der US-Verfassung zufolge wird ein Angeklagter dann des Amtes enthoben, wenn er "des Landesverrats, der Bestechung oder anderer schwerer Verbrechen und Vergehen für schuldig befunden worden" ist. Was genau darunterfällt, ist indes nicht definiert. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass der Angeklagte eine Straftat begangen hat. Schwere Vergehen sind auch Amts- und Machtmissbrauch unterhalb der Schwelle justiziabler Delikte. Wann dies der Fall ist, darüber entscheidet am Ende schlicht und einfach die in der Verfassung vorgeschriebene Mehrheit.

Gab es schon Impeachment-Verfahren gegen Präsidenten?

Bisher entschied sich das Repräsentantenhaus in drei Fällen für ein Impeachment-Verfahren - zu einer Amtsenthebung kam es jedoch nie. 1868 wurde gegen den Demokraten Andrew Johnson ein Verfahren eingeleitet. Ihm wurde vorgeworfen, die Rechte des Kongresses missachtet zu haben, indem er den damaligen Verteidigungsminister Edwin Stanton suspendiert hatte. Ein Gesetz schrieb in dieser Zeit vor, dass Minister nur mit Zustimmung des Parlaments entlassen werden durften. Der Antrag ging durch das Repräsentantenhaus, scheiterte aber im Senat: Die nötige Zweidrittelmehrheit kam nicht zustande. Ein Verfahren eingeleitet wurde auch gegen Richard Nixon im Zuge der Watergate-Affäre. Zur Amtsenthebung kam es allerdings auch hier nicht, weil der Republikaner dem Verfahren zuvorkam und am 9. August 1974 zurücktrat. 1998 strengten dann wiederum die Republikaner ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Demokraten Bill Clinton an. Es ging darum, ob er unter Eid gelogen hatte, als er sexuelle Beziehungen zu der Praktikantin Monica Lewinsky im Weißen Haus abstritt. Ihm wurde zudem die Behinderung der Justiz vorgeworfen. Im von den Republikanern dominierten Repräsentantenhaus ging die Anklage durch, vom Senat wurde sie aber zurückgewiesen, Clinton blieb im Amt.

Was würde nach einer Amtsenthebung passieren?

Wird ein Präsident tatsächlich seines Amtes enthoben, rückt der Vizepräsident nach und übernimmt bis zum Ablauf der regulären Amtszeit. Damit würde im Falle eines Impeachment Trumps Vize Mike Pence bis 2021 Staatsoberhaupt sein.

© SZ vom 26.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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