Afghanistan: Taliban:Kampf mit Waffen und Worten

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Die Taliban in Afghanistan drohen mit einer Frühjahrsoffensive - und die internationale Schutztruppe kontert prompt: Auch im zehnten Jahr des Krieges liegt eine Verhandlungslösung in weiter Ferne.

Tobias Matern

Wie in jedem Krieg geht es auch in Afghanistan um die Hoheit über die Worte. Das wurde am Wochenende besonders deutlich: Die Taliban haben ihre sogenannte Frühjahrsoffensive angekündigt, die internationale Schutztruppe Isaf ließ sogleich einen verbalen Konter folgen.

In der Stadt Herat übergeben Taliban ihre Waffen an Regierungstruppen. (Foto: AFP)

Die bewaffneten Gegner der afghanischen Regierung teilten mit, sie würden nun mit einer neue Welle von Anschlägen beginnen. In ihren eigenen Worten klingt dies so: "Ausländische Besatzertruppen, Angehörige ihrer Geheimdienstnetzwerke und andere Spione sowie hochrangige Vertreter der Kabuler Marionettenregierung" seien ihres Lebens nicht mehr sicher. Zivilisten sollten zwar angeblich verschont werden, aber die Taliban riefen die Menschen auf, sich von öffentlichen Plätzen fernzuhalten.

Ein Isaf-Sprecher teilte mit, die Taliban versuchten mit ihrer Ankündigung nur, "einen Propaganda-Erfolg" zu landen. Ihre Gewalt werde "im Lichte der erzielten Gewinne der afghanischen und Koalitionstruppen vom Winter keinen nachhaltigen Einfluss" auf den Konflikt haben. Gemeint ist damit: Natürlich behalte die Nato die Oberhand in diesem Krieg. Dennoch werde die Präsenz der Sicherheitskräfte verstärkt, sagte der Isaf-Sprecher, weil die Gefahr von Anschlägen durch die Taliban real sei.

Seit der Ankündigung der Frühlingsoffensive kamen bis Sonntagnachmittag bei Attentaten mindestens zwölf Menschen ums Leben - vor allem Zivilisten. In der Provinz Paktika riss ein Selbstmordattentäter vier Afghanen mit in den Tod, wie die Behörden mitteilten. Zwölf weitere Menschen seien verletzt worden. Der Angreifer war gerade einmal zwölf Jahre alt, wie der Gouverneur erklären ließ.

In Ghasni starben zwei Aufständische und zwei Polizisten bei einem Schusswechsel, bei einer Bombenexplosion vor einer Polizeistation wurden 13 Menschen verletzt. Ein afghanischer Soldat wurde in Kandahar erschossen. Bei Kabul starben zwei Polizisten durch eine am Straßenrand platzierte Bombe.

Die Ankündigung einer Frühjahrsoffensive von Seiten der Taliban hat Tradition. Sie wäre nicht weiter bemerkenswert, wenn dadurch nicht eines besonders deutlich würde: Die versuchte Annäherung an Teile der Taliban, um die sich die afghanischen Regierung - mit tatkräftiger Unterstützung der Nato - im vergangenen Jahr bemühte, hat bislang keine nennenswerten Erfolge nach sich gezogen.

Das westliche Bündnis hat jüngst immer wieder darauf hingewiesen, dass in den vergangenen Monaten beträchtliche Fortschritte im Kampf gegen die Taliban erzielt worden seien. Als Grund dafür gilt die Aufstockung der amerikanischen Truppen. Auch das Pentagon spricht von Fortschritten beim Einsatz am Hindukusch. Im zehnten Jahr dieses Krieges wird aber nach wie vor allem geschossen statt verhandelt.

Auch bei der jüngsten Attacke eines afghanischen Piloten, der am Flughafen von Kabul acht Nato-Ausbilder und einen weiteren Mitarbeiter des Bündnisses getötet hatte, erklärten die Taliban, sie hätten die Aktion gesteuert. Die Schießerei war offenbar die Folge eines Streits, nachdem die Ausbilder ein Flugverbot gegen den Attentäter ausgesprochen hatten, wie es am Sonntag aus Nato-Kreisen hieß. Die Taliban beeilten sich, nach der Tat schnell die Urheberschaft für sich zu reklamieren: Sie hätten die afghanischen Streitkräfte infiltriert und der Mann habe in ihrem Namen gehandelt, teilten sie mit. Zwar lasse sich nicht ausschließen, dass der Pilot von den Taliban gesteuert worden sei, aber im Moment sprächen mehr Indizien dagegen, hieß es am Sonntag von Seiten der Nato.

Die Vereinten Nationen riefen nach der Ankündigung der Frühjahrsoffensive die Konfliktparteien am Wochenende erneut auf, das Leben von Zivilisten besser zu schützen. Die Menschen in Afghanistan dürften nicht absichtlich angegriffen oder getötet werden, sagte der Chef der UN-Mission in Kabul, Staffan de Mistura.

© SZ vom 02.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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