Afghanistan:Karsai, der Spieler

Will Afghanistans Präsident nun in Friedensgespräche mit den Taliban eintreten? Bislang hat er Volten geschlagen, Spielchen gespielt und Zeit vergeudet. Wenn Karsai es diesmal ernst meint, muss er eine neue Seite zeigen: Verlässlichkeit.

Stefan Kornelius

Hamid Karsai bleibt nicht mehr viel Zeit, um seinem Land, seiner Regierung und am Ende auch sich selbst Sicherheit zu verschaffen. Umso erstaunlicher ist es also, dass der afghanische Präsident nach all den Jahren im Geschäft noch immer Spielchen spielt, als müsse lediglich ein Grundstücksstreit zweier Paschtunen-Familien geschlichtet werden. Darum aber geht es längst nicht mehr in Afghanistan. Das Problem ist größer, quasi von globaler Dimension: Das Land des Präsidenten Karsai steht vor der vielleicht wichtigsten Zäsur in seiner geschriebenen Geschichte. Wenn der Übergang zu einer neuen, nicht vom Westen geschützten Ordnung friedlich gelingen soll, dann muss jetzt der Machtausgleich mit den Taliban geschaffen werden.

Hamid Karsai will nun doch eine Vertretung der Taliban in Katar zulassen. Dies gilt als wichtiger Schritt hin zu Friedensverhandlungen mit den früheren Machthabern. (Foto: AFP)

Karsai hat auf dem Weg zu Verhandlungen mit den Taliban viel Zeit vergeudet - vor allem, weil er der Vermittlungsrolle des Westens und des Emirats Katar misstraut. Seine Ablehnung eines Taliban-Büros in Katar hat nicht nur den Emir brüskiert, sondern vor allem auch den amerikanischen Präsidenten in Schwierigkeiten gebracht. Wer einen Verhandlungsdeal mit den Taliban unterstützt, der riskiert seine politische Glaubwürdigkeit, gerade im Wahlkampf.

Nun dreht sich Karsai - aber langsam. Scheibchenweise rückt er von Forderungen ab, lobt plötzlich das Emirat, gibt sich gestenreich. Aber in der Sache? Karsai täte besser daran, er triebe die politische Lösung im Stillen voran. Wenn er nun die Mehrheit seiner Regierung hinter sich weiß oder wenn er lediglich mutig geworden ist, dann sollte er den vollständigen Friedensprozess beginnen. Da muss zu Beginn Vertrauen gebildet werden - durch Verlässlichkeit. Das wäre Karsais wichtigste Aufgabe.

© SZ vom 29.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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