Der rechtsnationale Thüringer Landesvorsitzende der AfD, Björn Höcke, strebt nach dem Ende des gegen ihn gerichteten Parteiausschlussverfahrens massiv ins politische Rampenlicht. Am Montagabend trat Höcke erstmals als Redner bei der fremdenfeindlichen Pegida-Demonstration in Dresden auf. Am Dienstag veröffentlichte der Chef der Landtagsfraktion in Erfurt ein 38-seitiges Positionspapier zu "Leitkultur, Identität, Patriotismus". Es gehe darum, "der Zerstörung der deutschen Identität entgegenzutreten", hieß es zur Zielsetzung des Papiers. Darin wird etwa die Forderung nach "bunter Vielfalt" mit der Begründung kritisiert, dass sie "auf die Durchmischung der Bevölkerung mit Personengruppen anderer Hautfarbe" abziele.
Vor einer Woche hatte das Thüringer Landesschiedsgericht das Parteiausschlussverfahren gegen Höcke als unbegründet zurückgewiesen. Das Verfahren hatte der AfD-Bundesvorstand unter der früheren Vorsitzenden Frauke Petry eingeleitet. Unterstützt wurde es von der heutigen Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel, und Parteivize Georg Pazderski.
In Dresden wurde Höcke jetzt von den Pegida-Demonstranten mit Sprechchören empfangen. Er trat an der Seite des Pegida-Gründers Lutz Bachmann auf, der auch bei gemäßigt konservativen AfD-Politikern umstritten ist. Noch bis vor Kurzem galt für Mitglieder der AfD ein Kooperationsverbot gegenüber Pegida, Auftritte waren ihnen untersagt. Höcke suchte in seiner 50 Minuten langen Rede den Schulterschluss mit den Demonstranten. "Ich bin glücklich, bei euch zu sein", rief er und nannte Dresden "die Hauptstadt des berechtigten Widerstandes". An der Demo nahmen Beobachtern zufolge circa 1000 Menschen teil, deutlich weniger als zu den Hochzeiten der Pegida-Bewegung.
In den vergangenen Monaten und vor allem im Bundestagswahlkampf hatte Höcke sich mit Rücksicht auf die Partei nach seiner umstrittenen Dresdner Rede weitgehend zurückgehalten. Seit Längerem aber hieß es aus AfD-Vorstandskreisen, dass er ungeduldig sei und auf die bundespolitische Bühne wolle. Nun sagte er wiederum in Dresden, dass mit der Entscheidung des Landesschiedsgerichts die Einheit der AfD "gewahrt und gesichert" sei.
Jedoch verlangen Teile der AfD, dass der Bundesvorstand die Entscheidung des Thüringer Schiedsgerichts anfechten solle. Es sei notwendig, "das dem Urteil anhaftende Geschmäckle des möglichen Gefälligkeitsurteils aus dem Weg zu räumen", hatte dazu die Parteigruppierung "Alternative Mitte" erklärt. Die Bundestagsfraktionschefin Weidel wollte sich zum weiteren Verfahren nicht äußern. Auch der Parteivize Pazderski scheut eine klare Aussage und verweist auf die nächste Sitzung des Bundesvorstands. Dem Vernehmen nach könnten die Höcke-Kritiker dort auf verlorenem Posten stehen.