AfD:Die Partei sieht sich diskreditiert

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Wenn es nach der AfD geht, sind die Intoleranten stets die anderen. Sie wirft dem Kirchentag Scheinheiligkeit vor und dem Unionspolitiker Peter Tauber Niedertracht.

Von Jens Schneider

Wenn es nach der AfD geht, sind die Intoleranten stets die anderen. Kurz vor Beginn des Kirchentages in Dortmund empörte sich Volker Münz, der kirchenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, in einer langen Erklärung: Es sei ein Ausdruck von Intoleranz, dass Vertreter der AfD nicht an Podiumsdiskussionen dort teilnehmen dürfen. Er nennt die Haltung des Kirchentagspräsidiums scheinheilig. Ihre Begründung grenze an Verleumdung. Kirchentagspräsident Hans Leyendecker hatte erklärt, dass Veranstaltungen des Kirchentags kein Podium für Propaganda für Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie bieten dürften.

Münz hält dem entgegen, dass AfD-Vertreter bei früheren Auftritten, etwa auf dem Evangelischen Kirchentag 2017, "kontrovers, aber fair" diskutiert hätten. Der AfD-Politiker, selbst ein Kirchengemeinderat, spricht von Unterstellungen, die "gegen das Gebot, nicht falsch Zeugnis wider seinen Nächsten zu reden, verstoßen".

Er verbindet das mit grundsätzlicher Kritik. Der Kirchentag habe "mit Kirche leider nicht mehr viel zu tun", erklärt der Abgeordnete: "Hier wird mehr der Zeitgeist als der Heilige Geist verherrlicht." Den Veranstaltern wirft er vor, sie würden sich vor Kritik verschließen und aus dem Kirchentag eine Wagenburg zur Verteidigung der politischen Interessen der etablierten Parteien machen.

Noch heftiger fällt die Kritik der AfD-Spitze am Christdemokraten Peter Tauber aus. Der versuche, "politisches Kapital aus dem Mord an Lübcke zu schlagen, indem er AfD-Politiker für mitschuldig daran erklärt", sagte AfD-Chef Jörg Meuthen. "Das ist genauso abstoßend und niederträchtig wie falsch." Meuthen fordert Taubers Rücktritt als parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Ähnlich reagiert Fraktionschefin Alice Weidel, der Tauber neben anderen eine Sprache vorgeworfen hatte, "die enthemmt und zur Gewalt führt".

Enthemmt sei "offensichtlich Herr Tauber, der einen Mordanschlag dazu nutzt, um den politischen Mitbewerber auf tiefste Art und Weise zu diskreditieren", empört sich Weidel: "Wer gegen illegale Masseneinwanderung kämpft, ist kein Helfershelfer von Mördern. Er nimmt nur seine Rechte im demokratischen Meinungskampf wahr."

Den Mord an Walter Lübcke hatte die AfD-Spitze am Dienstag als "widerwärtig" bezeichnet und extremistische Gewalt "aufs schärfste" verurteilt. Dass der Tatverdächtige einen rechtsextremen Hintergrund hat, kommentierte sie nicht - sondern betonte, ihr sei es vollkommen egal, "ob es sich um rechts- oder linksextremen oder islamistischen Terror handelt".

© SZ vom 21.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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