Ägypten:Sarkasmus für al-Sisi

Auch ein Regierungswechsel wird die Ägypter nicht mit ihrem Präsidenten versöhnen.

Von Paul-Anton Krüger

Kein Tag vergeht in Ägypten, an dem nicht die Errungenschaften beweihräuchert werden, die das Land Präsident Abdel Fattah al-Sisi und der Armee zu verdanken hat. Das Militär fährt durch die Straßen und bringt den Menschen vergünstigtes Fleisch, nachdem die Preise kurz vor dem Opferfest, dem höchsten Feiertag der Muslime, drastisch gestiegen sind.

Doch das alles ist nur Effekthascherei. Die Ägypter waren bereit, Sisi Zeit zu geben, damit er das Land verändert. Aber der Staat funktioniert auch über ein Jahr nach dem Amtsantritt nicht. Er lässt seine Bürger weiter im Stich, kommt seiner Fürsorgefunktion kaum nach. Politiker betrachten ihn weiter als Selbstbedienungsladen, wie der Fall des geschassten Landwirtschaftsministers zeigt. Sisi mag darauf verweisen, dass der Mann in Haft genommen wurde. Aber er hat diese Regierung bestellt, die durchsetzt ist mit Günstlingen des Mubarak-Regimes.

Es waren genau diese Zustände, die 2011 Millionen auf den Tahrir-Platz trieben. Massenproteste wie damals wird es in Ägypten so schnell nicht geben, da hat das Regime mit seinem harschen Protestgesetz, mit Panzern, und Schrotflinten schwingenden Polizisten vorgesorgt. Die Menschen haben Angst vor schießwütigen Sicherheitskräften, und davor, dass man sie verschwinden lässt. Aber die Unzufriedenheit wächst spürbar. Sie bricht sich in bitterem Sarkasmus Bahn.

© SZ vom 14.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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