Ägypten:Ein Fan als Herausforderer

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Al-Sisi gelangte mithilfe eines Militärputsches im Jahr 2013 an die Macht. (Foto: Mulugeta Ayene/AP)

In letzter Minute findet sich ein Gegenkandidat für Amtsinhaber al-Sisi - nachdem alle anderen Präsidentschaftskandidaten aus dem Rennen gedrängt wurden.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Am letzten Tag der Registrierungsphase für die Präsidentenwahl in Ägypten hat sich doch noch ein Gegenkandidat für Amtsinhaber Abdel Fattah al-Sisi gefunden. Mussa Mostafa Mussa, der Vorsitzende der nicht im Parlament vertretenen regierungsnahen Ghad-Partei, reichte seine Unterlagen 15 Minuten vor Ablauf der Frist ein, gab die Nationale Wahlkommission am Montag bekannt. Er habe 47 000 Unterschriften von Unterstützern gesammelt, 26 Parlamentsabgeordnete hätten ihm Empfehlungsschreiben ausgestellt. Damit erfüllt der 66-Jährige die Anforderungen spielend: Um kandidieren zu dürfen, sind in Ägypten 25 000 Unterschriften aus 15 Provinzen oder die Unterstützung von 20 Parlamentariern nötig. Der weithin unbekannte Ingenieur betonte, er sei "kein Statist bei den Wahlen" und werde sein Programm in einer Pressekonferenz präsentieren.

Wer sich zuvor schon über Mussas politische Haltung informieren wollte, fand auf dessen Facebookseite riesig als Hintergrundbild ein Porträt von: Abdel Fattah al-Sisi. Und eine Wahlempfehlung für den Präsidenten, den Mussa jetzt herausfordern will. Er hatte sich laut der Nachrichtenwebsite Youm7 in einer angeblich unabhängigen, überparteilichen Unterstützer-Kampagne für Sisi engagiert. Ihr Ziel war einzig und allein die Wiederwahl des Präsidenten.

Alle Herausforderer, die dem Amtsinhaber hätten gefährlich werden können, waren von der Wahl ausgeschlossen worden, hatten sich aus Protest gegen die unfairen Bedingungen zurückgezogen oder wurden vom Regime massiv unter Druck gesetzt, nicht anzutreten. Einige von ihnen riefen zusammen mit anderen Persönlichkeiten die Ägypter auf, die Wahl zu boykottieren, die vom 26. bis 28. März abgehalten werden soll. Zu den Unterzeichnern gehört der Anwalt Mohammed Anwar Sadat, ein Neffe des früheren Präsidenten. Er hatte seine Bewerbung zurückgezogen, nachdem Wahlhelfer systematisch bedroht worden waren, Druckereien sich weigerten, Plakate zu drucken, Hotels ihm keine Räume vermieteten - seiner Aussage nach auf Druck von Regierung und Staatssicherheit.

Auch Hischam Geneina unterschrieb, der ehemalige Präsident des Rechnungshofs. Sisi hatte ihn 2016 geschasst, nachdem Geneina die Korruptionskosten auf 600 Milliarden Pfund über vier Jahre beziffert hatte, zum damaligen Kurs fast 60 Milliarden Euro. Wegen "Verbreitung falscher Nachrichten" verurteilte ihn ein Gericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung. Geneina hatte sich der Kampagne von Ex-Generalstabschef Sami Anan, 69, als möglicher Vizepräsident angeschlossen. Das Militär verhaftete den General jedoch drei Tage nach dessen Ankündigung anzutreten, weil er angeblich nicht die nötigen Genehmigungen eingeholt und Wahlunterlagen gefälscht hatte; zudem wurde ihm "Aufhetzung" gegen die Armee zur Last gelegt. Er ist seither in Haft. Geneina wurde am Wochenende erheblich verletzt, als Unbekannte versuchten, ihn vor seinem Haus zu entführen.

Anans Kandidatur und zuvor die geplante des ehemaligen Luftwaffenchefs Ahmed Schafik war in Ägypten als Ausdruck zunehmender Unzufriedenheit in Teilen des Militärs und des Regimes mit Sisi gewertet worden. Anan hatte Sisi zwar nicht namentlich kritisiert, aber für jeden erkenntlich dessen Politik. Die Probleme seien "Land und Wasser", sagte er - Anspielungen auf die unpopuläre Entscheidung des Präsidenten, die Inseln Tiran und Sanafir an Saudi-Arabien abzutreten und auf den Streit mit den Nil-Anrainern Sudan und Äthiopien über die Nutzung des Flusses, ausgelöst durch den Bau eines Staudamms in Äthiopien. Zudem kritisierte er die dominante Rolle des Militärs in Politik und Wirtschaft.

Anan trat erst an, nachdem Schafik von seinen Plänen Abstand genommen hatte. Der 76-Jährige war unter dem 2011 gestürzten Diktator Hosni Mubarak Luftfahrtminister und kurze Zeit Premier. Die Wahl 2012 hatte er nur knapp gegen den Islamisten Mohammed Mursi verloren. Nach eigener Aussage hatten ihn die Vereinigten Arabischen Emirate zunächst an der Rückkehr nach Ägypten gehindert, ihn dann doch per Privatjet deportiert. Zurück in Kairo wurde er laut seinem Umfeld in einem Hotel unter Hausarrest gestellt. Man habe ihm bedeutet, alte Korruptionsverfahren gegen ihn könnten wieder aufgenommen werden. Alsbald erklärte Schafik, er sei "nach reiflicher Überlegung nicht die ideale Person, um den Staat in der bevorstehenden Zeit zu führen".

© SZ vom 30.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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