Nigeria:Gewalt überschattet Gouverneurswahlen

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Bei Abstimmungen in Nigeria sind erneut Bomben explodiert. Seit Beginn des Wahlmarathons sind Hunderte Menschen gestorben. Auch Kirchen und Moscheen bleiben von der Gewalt nicht verschont.

Tim Neshitov

Bei den Gouverneurswahlen in Nigeria sind am Dienstag drei Sprengsätze in der nordöstlichen Stadt Maiduguri explodiert. Die Bomben wurden kurz nach Öffnung der Wahllokale gezündet. Nach Angaben der Polizei wurden zunächst keine Verletzten gemeldet. Der Anschlag führte jedoch dazu, dass viele junge Wahlbeobachter zu Hause blieben, die in den Wahllokalen ihren Zivildienst ableisten.

Die Zahl der Opfer beim mehrwöchigen Wahlmarathon in Nigeria übertrifft nach Einschätzung von Menschenrechtlern mittlerweile den Blutzoll der gefälschten Präsidentschaftswahlen vor drei Jahren. (Foto: AP)

Zudem konnten nach Angaben der Unabhängigen Wahlkommission mindestens 20.000 Wähler, die vor der Gewalt in andere Landesteile geflüchtet waren, ihre Stimme nicht abgeben.

Bereits am Osterwochenende waren in Maiduguri bei Bombenanschlägen drei Menschen getötet und 15 verletzt worden. Zu den Attentaten bekannte sich die islamistische Sekte Boko Haram, was soviel heißt wie "Bücher sind Sünde". Sie beruft sich auf die Ideologie der Taliban und fordert, im Norden Nigerias einen Scharia-Staat zu errichten.

Die Zahl der Opfer beim mehrwöchigen Wahlmarathon in Nigeria übertrifft nach Einschätzung von Menschenrechtlern mittlerweile den Blutzoll der gefälschten Präsidentschaftswahl vor vier Jahren. Damals wurden bei Straßenschlachten im ethnisch und religiös gespaltenen Land mehr als 300 Menschen getötet. Diesmal rechnet Human Rights Watch mit mindestens 1000 Todesopfern. Alleine in drei Dörfern der nördlichen Provinz Kaduna sind seit dem 16. April offenbar mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen.

Niedergebrannte Kirchen, zerstörte Moscheen

Obwohl ausländische Beobachter die Parlamentswahl am 9.April und die Präsidentschaftswahl eine Woche danach als die transparentesten und fairsten in der Geschichte Nigerias gelobt haben, eskaliert die Gewalt zwischen den Anhängern des Wahlsiegers Goodluck Jonathan, einem Christen aus dem Süden, und seines unterlegenen Rivalen Muhammadu Buhari, einem Muslim aus dem Norden.

Human Rights Watch berichtet von niedergebrannten Kirchen und zerstörten Moscheen in den zentralen Provinzen und von massiven Einschüchterungen im Nigerdelta. Wahlverlierer Buhari hat zwar angekündigt, er werde das Wahlergebnis nicht vor Gericht anfechten. Vor der Wahl hatte er jedoch, anders als Jonathan, seine Anhänger nicht dazu aufgerufen, die Ergebnisse zu akzeptieren. Experten werten dies als indirekte Einladung zu Straßenprotesten.

Wegen der anhaltenden Gewalt wurden die Gouverneurswahlen in den Bundesstaaten Kaduna und Baluchi auf Donnerstag verschoben. In fünf weiteren Bundesstaaten fanden am Dienstag ebenfalls keine Wahlen statt, da die Gouverneure dort erst im vergangenen Jahr ihr Amt antraten, nachdem sie gegen die gefälschten Ergebnisse der Wahlen von 2007 geklagt hatten. Gouverneure sind im ölreichen Nigeria mit großer Machtfülle ausgestattet. Manche verfügen über größere Budgets als einige Nachbarländer Nigerias.

© SZ vom 27.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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