Abstimmung in Brüssel über umstrittene Sorte:Ein klares Jein zum Genmais

Lesezeit: 2 min

Ein US-Unternehmen macht sich für die Verbreitung einer neuen Genmais-Sorte stark. Die Vorbehalte in der Bevölkerung sind groß, Umweltorganisationen kämpfen gegen die Zulassung an. (Foto: dpa/dpaweb)

Eigentlich ist die Haltung von Landwirtschaftsminister Friedrich in Sachen Gentechnik klar: Er ist dagegen. Doch durchsetzen kann sich der CSU-Mann damit in Berlin nicht. Die große Koalition wird sich wohl bei der Abstimmung über die umstrittene Genmais-Sorte 1507 in Brüssel enthalten. Mit schwerwiegenden Folgen.

Von Kathrin Haimerl

Eigentlich alles klar, oder? Die CSU will keine Gentechnik auf bayerischen Äckern. Eine eindeutige Haltung. Eigentlich. Und auch die SPD hat sich klar positioniert. Doch jetzt steht die Entscheidung in Brüssel an. Und plötzlich ist es mit der Klarheit nicht mehr so weit her.

Dienstag kommender Woche stimmen die Vertreter der europäischen Mitgliedsstaaten im "Rat für Allgemeine Angelegenheiten" über die neue Genmais-Sorte 1507 des zum US-Konzern DuPont gehörenden Agrarunternehmens Pioneer ab. Die Sorte ist ein sogenannter Bt-Mais: Er produziert ein eigenes Insektengift, der Mais ist resistent gegen den Maiszünsler, einen weitverbreiteten Schädling. Umweltschützer warnen aber davor, dass das Gift bei einer sehr viel größeren Anzahl von Insekten wirkt, darunter auch bei Bienen. Auch die Nichtregierungsorganisation Campact kämpft gegen die Zulassung der Genmais-Sorte in Europa an, auf die Pioneer dringt.

Und vor der Abstimmung in Brüssel ist klar: Die Bundesregierung wird sich enthalten. Das teilte eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums auf Nachfrage von Süddeutsche.de mit: "Da es innerhalb der Bundesregierung unterschiedliche Auffassungen in dieser Frage gibt, muss sich die Bundesregierung bei der Abstimmung in Brüssel enthalten."

Da ist einerseits der CSU-Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich. Er spricht sich auf Anfrage von SZ.de "klar gegen die Zulassung des Genmaises 1507" aus.

Auch die SPD hat sich eindeutig positioniert: Man erwarte von der Bundesregierung, dass sie mit einem klaren Nein nach Brüssel gehe, hatte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ute Vogt in einer Bundestagsdebatte erklärt. Mehrere SPD-Abgeordnete hatten in einer persönlichen Erklärung auf den Koalitionsvertrag verwiesen. Darin heißt es: "Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an."

Enthaltung = Zustimmung

Doch die gentechnikfreundliche CDU von Kanzlerin Angela Merkel tut sich schwer mit einer Entscheidung. Somit kommt die Bundesregierung zu keiner einstimmigen Position, sie wird sich also ihrer Stimme bei der Abstimmung im "Rat für Allgemeine Angelegenheiten" in Brüssel enthalten, teilte das Landwirtschaftsministerium mit.

Doch eine Enthaltung kommt bei der Abstimmung in Brüssel einer Zustimmung gleich: Denn findet sich im "Rat für Allgemeine Angelegenheiten" keine klare Mehrheit für oder gegen die Zulassung, dann geht die Entscheidung zurück an die Europäische Kommission. Und die wird wahrscheinlich die Zulassung erteilen.

Landwirtschaftsminister Friedrich
:Feuerprobe Genmais

Vorgängerin Ilse Aigner hatte sich aus der Affäre gezogen. Jetzt muss Agrarminister Hans-Peter Friedrich über Genmais entscheiden - es ist eine Grundsatzfrage. Kritiker machen Druck.

Von Silvia Liebrich

Dass es so kommt, scheint sicher. Dem Landwirtschaftsministerium jedenfalls ist schon jetzt offenbar klar, wie die Entscheidung am kommenden Mittwoch ausgehen wird: Es wird sich keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen eine Zulassung des Genmaises 1507 finden.

Um dennoch nicht ganz machtlos dazustehen, sucht Friedrich nun offenbar einen Umweg: Er werde sich für eine "Ausstiegsklausel" für die Länder starkmachen, heißt es aus seinem Ministerium. "Damit könnten die Regionen selbst entscheiden, einen zugelassenen Genmais nicht anzubauen."

2009 war die Konstellation ganz ähnlich. Da hieß die Landwirtschaftsministerin noch Ilse Aigner. Auch sie war gegen Gentechnik, durchsetzen konnte sie sich damit aber nicht. Es endete damit, dass sich Deutschland in Brüssel seiner Stimme enthielt, die Kommission ließ die Genmais-Sorte Mon810 zu.

Aigner zog sich aus der Affäre, indem sie die Sorte in Deutschland verbieten ließ. Als Schwäche wurde ihr diese Taktik trotzdem ausgelegt.

© Süddeutsche.de/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: